27. Januar 2011

Mikrooptimismus: Davos in neuem Stimmungshoch

Fast scheint es so als sei gar nichts gewesen. In seinem diesjährigen Survey – einer Art internationaler Geschäftsindex – sieht PriceWaterhouse Coopers PWC) die Stimmungswerte der rund 1200 befragten Topmanager fast schon wieder auf dem Niveau von vor der Finanzkrise. Auch in Davos herrscht unter den annähernd 2500 Teilnehmern („by invitation only“) erstaunlich viel Optimismus. Dieser wurde kurz vor dem Treffen noch beflügelt durch die neueste Aktualisierung des World Economic Outlooks des IWF, der nicht nur die eigenen Prognosen erhöhte, sondern mit seinen Zahlen deutlich über denen der Weltbank und der UNO liegt. Während die Weltbank kürzlich für 2011 ein weltweites Wachstum von 3,3% voraussagte (>>> W&E-Hintergrund Januar 2011), prophezeit der IWF jetzt 4,4%. Selbst der für seine pessimistischen Prognosen berühmte Nouriel Roubini überraschte in Davos mit seiner Einschätzung, dass sich Abwärtsrisiken und Aufwärtstendenzen in der gegenwärtigen weltwirtschaftlichen Entwicklung in etwa die Waage halten.

Ausdruck des neu gewonnenen Optimismus ist auch, dass jetzt über die Nachhaltigkeit der in Nord und Süd gespaltenen Weltkonjunktur diskutiert und gefragt wird, ob wir eine internationale Konjunktur der zwei oder der drei Geschwindigkeiten haben: Läuft nicht nur das Wachstum der Schwellenländer den Industrieländern davon, sondern wachsen auch die USA in den nächsten Jahren wieder deutlich schneller als Europa und Japan? Letzteres vermutet beispielsweise der IWF-Berater Zhu Min und wird dabei selbstredend von den neuesten Prognosen des Fonds gestützt.

Ein Wehrmutstropfen in dem neuen Stimmungshoch der Davos People ist freilich, dass sich die hohen Werte des PWC-Surveys vor allem auf die individuellen Geschäftsaussichten der Weltkonzerne beziehen, die darauf hoffen, von dem Schwellenländer-Boom nach Kräften profitieren zu können. Wenn es um das Gesamtbild des gegenwärtigen Zustands der Welt geht, fällt der Optimismus deutlich verhaltener aus. Der Gründer des Weltwirtschaftsforum, Klaus Schwab, sprach deshalb in seiner Eröffnungsrede von einem Mikrooptimismus auf der einen und einem Makropessimismus auf der anderen Seite. Nicht nur der alljährliche Risiko-Report des WEF gibt ihm Recht. Auch der Hintergrund, vor dem der diesjährige Eröffnungsredner, der russische Präsident Medvedev, sprach (der jüngste Terroranschlag auf einem Moskauer Flughafen), verweist darauf, dass keineswegs alle dunklen Wolken am Firmament der Globalisierung verzogen haben.

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