Das Jahrzehnt, in dem die Globalisierung an Grenzen stieß
Die Globalisierung brach sich auch im ersten Jahrzehnt des neuen Jahrtausends Bahn, allerdings nahm ihre Krisenhaftigkeit deutlich zu. Insgesamt war es ein Jahrzehnt, in dem die Globalisierung auch ökonomisch an Grenzen stieß. Am Ende der „00er“ stand zugleich das Ende des jüngsten Globalisierungsbooms. Im Weg aus der Krise treten erste Verschiebungen in der Machtstruktur der Weltwirtschaft zutage.
* Die 00er im Lichte der weltwirtschaftlichen Statistik
Der Welthandel wies fast durch das gesamte Jahrzehnt hindurch ein rapides Wachstum auf, bevor die internationale Nachfrage im Zeichen von Finanzkrise und Rezession am Ende der Dekade jäh zusammenbrach. Der Rückgang des Welthandelsvolumens Ende 2008/Anfang 2009 war der schärfste seit den 1930er Jahren. Seit Mitte 2009 steigt der internationale Handel wieder (>>> Neue Hoffnung für den Welthandel?).
Die Expansion der ausländischen Direktinvestitionen (FDI) – der zweite Indikator der Internationalisierung – verlief in zwei Phasen, wobei ein erster Tiefpunkt 2004/2005 erreicht wurde. Auf einen Boom in der zweiten Hälfte der Dekade folgte 2008/2009 ein tiefer Absturz. Die weiteren Aussichten beurteilt die UNCTAD in ihrem neuen globalen FDI-Index sehr vorsichtig.
Den krassesten Anstieg während des Jahrzehnts verzeichneten die internationalen Finanzinvestitionen, hier gemessen an der globalen Ausgabe von Collateral Debt Obligations (CDOs). Der Höhepunkt des Booms fiel in die Jahre 2006 und 2007. Danach war es dann erst einmal vorbei mit dem Höhenflug im Überschwang. Nach gigantischen Rettungspaketen der Regierungen lautet die große Frage jetzt: Werden die Staaten in der Lage sein, sich einen Teil dieser Gelder über neue Formen der Besteuerung, z.B. die viel diskutierte Finanztransaktionssteuer (>>> Alles über die Finanztransaktionssteuer), zurückzuholen?
* Das Jahrzehnt der Blasen…
... begann mit der Internet- oder Dotcom-Blase. Die Aktien von Internet- und Technologiefirmen purzelten gleich zu Beginn des Jahrzehnts und erreichten seither nie mehr die Höhen der späten 1990er und frühen 00er Jahre.
Auf die Internetblase folgte die Immobilienblase, vor allem in den USA. Dass die Entwicklung der Preise bei Häusern und Wohnungen nicht ewig so weitergehen konnte, war absehbar. Weniger klar war vielen Beobachtern, in welchem Ausmaß Banken und Investmentfirmen Immobilientitel neu verpackt und als „innovative Finanzprodukte“ weltweit in Umlauf gesetzt hatten. So brachte das Platzen der Immobilienblase die gesamte Finanzbranche nahe an den Abgrund (>>> Die jüngste globale Finanzkrise).
Rohstoffinvestitionen und Rohstoffpreise zogen vor allem im Zeichen der Finanzkrise stark an, nachdem die Spekulation mit Finanztiteln zusammengebrochen war und die „Anleger“ in Rohstofftiteln ihr Heil, d.h. Gewinn, suchten. Von dem darauf folgenden Absturz haben sich die Rohstoffpreise bis heute nicht wieder erholt, was vor allem Entwicklungländer trifft (>>> Warum die Nahrungsmittelkrise nicht vorbei ist).
* Tektonische Verschiebungen zeichnen sich ab
Eine der wichtigsten neuen Entwicklungen im zurückliegenden Jahrzehnt besteht im Aufstieg der Schwellenländer, vor allem Chinas, aber auch Indiens und Brasiliens. In der Folge steigt der Anteil der Schwellen- und Entwicklungsländer am globalen BIP (gemessen in Kaufkraftparität) kontinuierlich an. Setzt sich diese Entwicklung fort, dürften wir bereits im nächsten Jahrzehnt erleben, wie sich die beiden Kurven kreuzen und sich das ökonomische Gravitätszentrum definitiv nach Süden bzw. Osten verschieben wird (>>> Die Selbstinthronisierung der G20).
Eine der wichtigsten offenen Fragen ist die künftige Gestalt des Weltwährungssystems. Schon im vergangenen Jahrzehnt haben der Euro und der Renminbi gegenüber dem US-Dollar an Wert gewonnen. Anhaltende globale Ungleichgewichte zwischen Defizit- und Überschussländern stellen – zusammen mit politischen Umbrüchen – die Leitwährungsfunktion des Dollars in Frage. Immer häufiger werden die Vorschläge, das Dollarsystem durch ein neues Reservesystem zu ersetzen, in dem der Dollar durch einen Währungskorb oder aufgewertete Sonderziehungsrechte ersetzt wird (>>> Der Bericht der Stiglitz-Kommission).
(Quelle der Grafiken, wenn nicht anders erwähnt: FT.com)
1 Kommentar:
Danke für diese aufschlussreiche Zusammenstellung.
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