Finanzmarktreform: Beerdigung dritter Klasse auf dem G20-Gipfel in Hamburg?
Der G20-Gipfel diese Woche in Hamburg könnte zum Symbol für das Ende
wichtiger Finanzmarkt- und Steuerreformen werden, befürchtet die auf
Finanzmarktregulierung spezialisierte NGO WEED. Schon letzten Monat hat das
US-Repräsentantenhaus gegen wesentliche Finanzreformen gestimmt. Auch in der EU
ist der Reformwille längst erschlafft, dort kam es nicht einmal zur Aufspaltung
von Bankgeschäften wie in den USA, und die EU opponiert seit langem gegen
stärkere US-Bankgesetze. Wie wenig überhaupt erreicht wurde, hätten die
Bankenrettungen dieses Jahr in Italien gezeigt. Am Ende zahlen wieder die
Staaten und ihre BürgerInnen für das Versagen der Privaten.
Die Befürchtungen werden genährt durch den neuesten Jahresbericht des Financial Stability Boards (FSB), der zum Hamburger Gipfel herauskam. Dort reklamieren die
Verfasser einen Sieg über die Schattenbanken, deren gefährlichste Aktivitäten
gezähmt worden seien. Der Rest könne nun den Finanzmärkten überlassen werden,
erklärte der scheidende FSB-Vorsitzende Mark Carney, der gleichzeitig Chef der
Bank of England ist. Die FSB-Leute verweisen vor allem auf die Stresstests, die
„living wills“ und die Vorschriften für erhöhte Rücklagen der Banken im Rahmen
von Basel III, die allerdings noch zu Ende geführt werden müssten.
Auch die Reformen gegen Steuerflucht haben ihren Zenit
überschritten. Zwar ist einiges erreicht worden beim Informationsaustausch und
mit Maßnahmen gegen Steuervermeidung von Unternehmen. „Aber die Reform bleibt
Stückwerk und wurde vielfach verwässert“, kritisiert der Finanzreferent von
WEED, Markus Henn. „Und statt die offene Arbeit wie zur Gewinnaufteilung bei
der grenzüberschreitenden Besteuerung von Unternehmen abzuschließen und für
mehr Gerechtigkeit zwischen reichen und armen Staaten zu sorgen, kümmern sich
die G20 jetzt um ‚Steuergewissheit‘. Diese neue Agenda wird von den Unternehmen
begrüßt, die sich dadurch erhoffen, neue Maßnahmen abzuwehren und beschlossene
schwächen zu können“, so Henn.
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