5. Juli 2017

Finanzmarktreform: Beerdigung dritter Klasse auf dem G20-Gipfel in Hamburg?

Der G20-Gipfel diese Woche in Hamburg könnte zum Symbol für das Ende wichtiger Finanzmarkt- und Steuerreformen werden, befürchtet die auf Finanzmarktregulierung spezialisierte NGO WEED. Schon letzten Monat hat das US-Repräsentantenhaus gegen wesentliche Finanzreformen gestimmt. Auch in der EU ist der Reformwille längst erschlafft, dort kam es nicht einmal zur Aufspaltung von Bankgeschäften wie in den USA, und die EU opponiert seit langem gegen stärkere US-Bankgesetze. Wie wenig überhaupt erreicht wurde, hätten die Bankenrettungen dieses Jahr in Italien gezeigt. Am Ende zahlen wieder die Staaten und ihre BürgerInnen für das Versagen der Privaten.


Die Befürchtungen werden genährt durch den neuesten Jahresbericht des Financial Stability Boards (FSB), der zum Hamburger Gipfel herauskam. Dort reklamieren die Verfasser einen Sieg über die Schattenbanken, deren gefährlichste Aktivitäten gezähmt worden seien. Der Rest könne nun den Finanzmärkten überlassen werden, erklärte der scheidende FSB-Vorsitzende Mark Carney, der gleichzeitig Chef der Bank of England ist. Die FSB-Leute verweisen vor allem auf die Stresstests, die „living wills“ und die Vorschriften für erhöhte Rücklagen der Banken im Rahmen von Basel III, die allerdings noch zu Ende geführt werden müssten.

Auch die Reformen gegen Steuerflucht haben ihren Zenit überschritten. Zwar ist einiges erreicht worden beim Informationsaustausch und mit Maßnahmen gegen Steuervermeidung von Unternehmen. „Aber die Reform bleibt Stückwerk und wurde vielfach verwässert“, kritisiert der Finanzreferent von WEED, Markus Henn. „Und statt die offene Arbeit wie zur Gewinnaufteilung bei der grenzüberschreitenden Besteuerung von Unternehmen abzuschließen und für mehr Gerechtigkeit zwischen reichen und armen Staaten zu sorgen, kümmern sich die G20 jetzt um ‚Steuergewissheit‘. Diese neue Agenda wird von den Unternehmen begrüßt, die sich dadurch erhoffen, neue Maßnahmen abzuwehren und beschlossene schwächen zu können“, so Henn.

Zur Finanzierung von Infrastruktur befürworten die G20 schon länger und nun auch beim „Compact with Africa“ umfangreiche Privatisierungen und Öffentlich-Private Partnerschaften (ÖPP). Die vielen negativen Erfahrungen damit werden weitgehend ignoriert. Neue Weltbankstandards für ÖPP, die gerade auch im Auftrag der G20 entwickelt wurden, würden zum Beispiel das „Recht auf Regulierung“ von Staaten stark beeinträchtigt und Investoren exzessive Entschädigungsrechte selbst für den Fall von Streiks einräumen. „Da ÖPP und internationale Investitionen eine große Rolle beim ‚Compact with Africa‘ spielen, wird dieser vor allem den G20-Staaten selbst und ihren Unternehmen und Finanzkonzernen nützen“, meint Henn. „Dagegen spielen eine sinnvolle Förderung lokaler Wirtschafts- und Finanzstrukturen oder nötige öffentliche Investitionen kaum eine Rolle.“

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