6. Dezember 2015

Philanthropie: Schaulaufen der Multimillionäre und Grosskonzerne

Die jüngste Ankündigung des Facebook-Gründers Mark Zuckerberg, 99% seines Vermögens in eine gemeinnützige Stiftung einzubringen, und auch das Schaulaufen deutscher Superreicher und Großkonzerne gestern Abend bei „Ein Herz für Kinder“ im ZDF werfen ein bezeichnendes Licht auf den weltweiten Philanthropie-Boom. Da passt es gut, dass die entwicklungspolitische Rolle philanthropischer Stiftungen jetzt von einer Studie, die Brot für die Welt, das Global Policy Forum und Misereor veröffentlicht haben, kritisch unter die Lupe genommen wird (>>> Philantropic Power and Development: Who shapes the agenda?).


Multimilliardäre und ihre Stiftungen, allen voran die Bill & Melinda Gates-Stiftung, spielen eine wachsende Rolle bei der Finanzierung von Entwicklungsprogrammen. Sie haben aber auch massiven Einfluss auf die Formulierung entwicklungspolitischer Strategien und ihre Umsetzung auf nationaler Ebene. Jens Martens, Geschäftsführer des Global Policy Forums und Ko-Autor der Studie, zufolge ist „der Boom privater Stiftungen (…) die Folge einer Steuerpolitik, die Reiche begünstigt und die Anhäufung privaten Vermögens von Multimilliardären wie Mark Zuckerberg ermöglicht. Die Kehrseite der Medaille ist eine wachsende Kluft zwischen Arm und Reich und zunehmende sozio-ökonomische Ungleichheiten. Statt aber Milliardäre allein dafür zu verurteilen, dass sie einen Teil ihres Vermögens philanthropischen Zwecken stiften, müssen vielmehr jene Politiker kritisiert werden, die die Anhäufung von Privatvermögen erst ermöglicht und damit massive Einbußen öffentlicher Einnahmen in Kauf genommen haben – und weiterhin nehmen.“

Philanthropische Stiftungen beeinflussen in besonderem Maße den Diskurs, die Forschung und die Politik im Bereich landwirtschaftlicher Entwicklung und globaler Ernährungssicherheit, was die Studie schwerpunktmäßig untersucht. „Vor allem die Rockefeller- und die Gates-Stiftung“, so Bernd Bornhorst, Leiter der Abteilung Politik und Globale Zukunftsfragen bei Misereor, „sehen Hunger und Unterernährung in Entwicklungsländern in erster Linie durch einen Mangel an Technologie, Wissen und Marktzugang verursacht. Sie betrachten technologische Innovationen, dabei explizit auch die Gentechnik, sowie eine enge Zusammenarbeit mit Lebensmittel- und Agrarkonzernen als Lösung zur Überwindung des weltweiten Hungers. Dabei ignorieren sie aber die Rechte der einheimischen Kleinbäuerinnen und Kleinbauern und tasten die strukturellen Ursachen von Hunger und Mangelernährung kaum an.“

Angesichts der Erfahrungen in den Bereichen Gesundheit und Landwirtschaft plädiert die Studie für eine gründliche Prüfung der Risiken und Nebenwirkungen der Aktivitäten philanthropischer Stiftungen. Sie ruft Regierungen und zivilgesellschaftliche Organisationen aus aktuellem Anlass dazu auf, den Einfluss großer philanthropischer Stiftungen kritischer zu beobachten und den möglichen Risiken und Nebenwirkungen mehr Beachtung zu schenken. Dies gilt insbesondere für den Einfluss mancher Stiftungen und der von ihnen propagierten Wirtschaftslogik auf den politischen Diskurs, die Fragmentierung von Global Governance und die Schwächung der Vereinten Nationen, die Abhängigkeit der Finanzierung öffentlicher Programme vom guten Willen von Milliardären wie Bill Gates oder Mark Zuckerberg, sowie den Mangel an Mechanismen für Monitoring- und Rechenschaftspflicht.

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