15. Dezember 2015

Nach dem Klimagipfel: Hypotheken bleiben

Für viele hat der Pariser Klimagipfel, die 21. Vertragsstaatenkonferenz (COP21) unter der UN-Klimarahmenkonvention (UNFCCC), mehr gebracht, als sie erwartet hatten, wenngleich vieles halbherzig und ungenügend bleibt. Vor allem das Ziel, die Erderwärmung in den nächsten Jahrzehnten unter 2 Grad zu halten und womöglich das 1,5-Grad-Ziel doch noch zu erreichen, hat es auch vielen Klimawissenschaftlern und NGOs angetan; schließlich haben sie dies jahrelang gefordert. Paris gilt als Wendepunkt hin zu einer Dekarbonisierung der Weltwirtschaft. Dass sich die Staaten in Paris verbindlich zu gar nichts verpflichtet haben und die Mittel zur Umsetzung des Vertragswerks alles andere als klar sind, wird zwar zur Kenntnis genommen, doch mit einem „Jetzt kommt es halt auf uns selbst an“ mehr oder weniger akzeptiert.


Natürlich muss die EU jetzt ihre zu wenig ambitionierten Reduktionsziele für 2020/2030 nachbessern, die Bundesregierung endlich den Kohleausstieg angehen. Doch die Lücke zwischen dem 2/1,5-Grad-Ziel und den vor und in Paris eingegangenen „Selbstverpflichtungen“ der Staaten ist so riesig und gigantisch, dass das schon revolutionäre Siebenmeilenschritte sein müssten und nicht kleine Nachkorrekturen. Während in Paris vollmundig das Ziel von unter 2 Grad verkündet wurde, laufen die Selbstverpflichtungen nach Schätzungen der Vereinten Nationen auf eine Erwärmung um 2,7 bis 3 Grad hinaus! Und wie die Dekarbonisierung bewerkstelligt werden soll, steht auch nicht fest. Einen Wall gegen die Zuflucht zur Atomkraft oder fragwürdige Technologien und Irrwege wie Geoengeneering, Fracking (CSS) oder Offsetting hat Paris jedenfalls nicht errichtet. Ob der Weg zur Nachhaltigkeit über Investitionen in erneuerbare, dezentrale und armutsorientierte Energien laufen wird, ist keineswegs ausgemacht.

Nicht nur wie der künftige Weg aussehen wird, ist unklar, auch ob er überhaupt gegangen wird, kann bezweifelt werden. Fossile Brennstoffe müssten jedenfalls deutlich teurer werden als die Erneuerbaren. Das Gegenteil ist aber der Fall. Der Ölpreis steuert inzwischen auf ein Niveau zu, wie es zum letzten Mal vor der ersten Ölkrise 1973/74 üblich war. Ja, es gibt sie, die Schicht von Unternehmern, die auf ökologisches Umsteuern der Wirtschaft setzen. Doch es gibt auch die andere Seite: Die Delegierten hatten Paris noch nicht verlassen, da traten reihenweise Vorstandschefs der Öl- und Kohleindustrie an die Öffentlichkeit und erklärten, Paris ändere an ihrem Geschäftsmodell gar nichts. Beispielsweise sieht der Chef der World Coal Association Benjamin Sporton keinen Anlass zu massiven Veränderungen für die Branche. Die Ölindustrie, sagte ein anderer CEO der Financial Times, habe andere Sorgen als Paris. Was dort passiere, sei doch ein sehr langsamer Prozess. Es wäre zu schön, wenn die Herren nicht Recht behielten.

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