Gewerkschaften contra IWF: Scheinheilig in Sachen Ungleichheit
IWF-Chefin Christine Lagarde |
Im Laufe der Jahre hat
der Internationale Gewerkschaftsbund (IGB oder ITUC in englischer Abkürzung) – mit
328 Mitgliedsorganisationen in 162 Ländern die größte und wichtigste
Gewerkschaftsinternationale der Welt – eine beachtliche Kontinuität in der
Kritik des Internationalen Währungsfonds (IWF) entwickelt. Auch zur
diesjährigen Frühjahrstagung der Internationalen Finanzinstitutionen
produzierte der ITUC wieder ein Statement,
das die aktuellen Seiten der IWF- und Weltbank-Politik einer herben Kritik
unterzieht. Vor allem tut der IWF aus gewerkschaftlicher Sicht nicht genug, um
die Schaffung von Arbeitsplätzen angesichts der sich vor allem in den
Schwellen- und Entwicklungsländern abschwächenden Konjunktur zu ermutigen (wenn
er nicht durch seine Politik-Konditionalität sogar zur Verhinderung neuer Jobs beiträgt).
Die
Generalsekretärin des ITUC, Sharan Burrow, hat in diesem Zusammenhang gestern das
scheinheilige (neuerliche) Bekenntnis des IWF zur Zurückdrängung sozialer und
wirtschaftlicher Ungleichheit einerseits und die fortgesetzte Unterstützung
ungleichheitsfördernder Politik andererseits aufgespießt. Sie verwies auf
jüngere Forschungsbeiträge aus dem IWF, die den Nachweis führen, dass durch
wachsende Ungleichheit auch das Wirtschaftswachstum geschädigt werde und dass
es keine Belege dafür gibt, dass eine schwache Regulierung der Arbeitsmärkte
mit hohem Wachstum einher geht – ganz im Gegensatz zur den jahrelangen
Behauptungen der Weltbank in ihren Doing-Business-Reports, dass schwache
Gewerkschaften und mangelnde Tarifautonomie für das Wachstum positiv seien. „Es
ist schwer zu verstehen“, so Burrow, „warum die Kreditprogramme des IWF in
Europa und anderswo weiterhin darauf abzielen, die Regulierung der Arbeitsmärkte
und die Tarifautonomie zu schwächen, wo doch die eigene Forschung zeigt, dass
solche Maßnahmen zum Anstieg der Ungleichheit führen. Wenn der IWF wirklich
glaubt, dass die steigende Ungleichheit ein Laster und keine Tugend ist, sollte
er aufhören, Länder zu Aktionen zu ermutigen, die die Einkommensverteilung noch
ungleicher machen.“
Interessant
in diesem Zusammenhang ist auch, dass der ITUC als einer der wenigen die IWF-Geschäftsführerin
Christine Lagarde kritisierte, als sie Ende Februar das Interim-Abkommen
zwischen Griechenland und seinen Gläubigern angriff. In einem Brief schrieb
Lagarde, das Abkommen riskiere, von der Politik der Vorgängerregierungen
abzurücken und mahnte dabei ausdrücklich „umfassende Rentenkürzungen,
Mehrwertsteuerreformen, Privatisierung und Arbeitsmarktreformen“ an. Burrow
sprach dem IWF damals grundsätzlich das Recht ab, solche „Reformen“ zu
verlangen, wo doch „fünf Jahre Austerität und Deregulierung zu ökonomischer
Depression, größerer Ungleichheit und 25% Arbeitslosigkeit“ geführt hätten. –
In der Tat: Die Politik des IWF muss auch unter Mme Lagarde substantiell anders
werden, wenn sie sich von ihren männlichen Vorgängern wirklich unterscheiden
will.
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