17. April 2015

Gewerkschaften contra IWF: Scheinheilig in Sachen Ungleichheit

IWF-Chefin Christine Lagarde
Im Laufe der Jahre hat der Internationale Gewerkschaftsbund (IGB oder ITUC in englischer Abkürzung) – mit 328 Mitgliedsorganisationen in 162 Ländern die größte und wichtigste Gewerkschaftsinternationale der Welt – eine beachtliche Kontinuität in der Kritik des Internationalen Währungsfonds (IWF) entwickelt. Auch zur diesjährigen Frühjahrstagung der Internationalen Finanzinstitutionen produzierte der ITUC wieder ein Statement, das die aktuellen Seiten der IWF- und Weltbank-Politik einer herben Kritik unterzieht. Vor allem tut der IWF aus gewerkschaftlicher Sicht nicht genug, um die Schaffung von Arbeitsplätzen angesichts der sich vor allem in den Schwellen- und Entwicklungsländern abschwächenden Konjunktur zu ermutigen (wenn er nicht durch seine Politik-Konditionalität sogar zur Verhinderung neuer Jobs beiträgt).

Die Generalsekretärin des ITUC, Sharan Burrow, hat in diesem Zusammenhang gestern das scheinheilige (neuerliche) Bekenntnis des IWF zur Zurückdrängung sozialer und wirtschaftlicher Ungleichheit einerseits und die fortgesetzte Unterstützung ungleichheitsfördernder Politik andererseits aufgespießt. Sie verwies auf jüngere Forschungsbeiträge aus dem IWF, die den Nachweis führen, dass durch wachsende Ungleichheit auch das Wirtschaftswachstum geschädigt werde und dass es keine Belege dafür gibt, dass eine schwache Regulierung der Arbeitsmärkte mit hohem Wachstum einher geht – ganz im Gegensatz zur den jahrelangen Behauptungen der Weltbank in ihren Doing-Business-Reports, dass schwache Gewerkschaften und mangelnde Tarifautonomie für das Wachstum positiv seien. „Es ist schwer zu verstehen“, so Burrow, „warum die Kreditprogramme des IWF in Europa und anderswo weiterhin darauf abzielen, die Regulierung der Arbeitsmärkte und die Tarifautonomie zu schwächen, wo doch die eigene Forschung zeigt, dass solche Maßnahmen zum Anstieg der Ungleichheit führen. Wenn der IWF wirklich glaubt, dass die steigende Ungleichheit ein Laster und keine Tugend ist, sollte er aufhören, Länder zu Aktionen zu ermutigen, die die Einkommensverteilung noch ungleicher machen.“

Interessant in diesem Zusammenhang ist auch, dass der ITUC als einer der wenigen die IWF-Geschäftsführerin Christine Lagarde kritisierte, als sie Ende Februar das Interim-Abkommen zwischen Griechenland und seinen Gläubigern angriff. In einem Brief schrieb Lagarde, das Abkommen riskiere, von der Politik der Vorgängerregierungen abzurücken und mahnte dabei ausdrücklich „umfassende Rentenkürzungen, Mehrwertsteuerreformen, Privatisierung und Arbeitsmarktreformen“ an. Burrow sprach dem IWF damals grundsätzlich das Recht ab, solche „Reformen“ zu verlangen, wo doch „fünf Jahre Austerität und Deregulierung zu ökonomischer Depression, größerer Ungleichheit und 25% Arbeitslosigkeit“ geführt hätten. – In der Tat: Die Politik des IWF muss auch unter Mme Lagarde substantiell anders werden, wenn sie sich von ihren männlichen Vorgängern wirklich unterscheiden will.

Keine Kommentare: