25. Februar 2015

Nach dem Deal ist vor dem Deal: Griechenland im permanenten Verhandlungsmodus

Ist es nun „ein Sieg für Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, der an Griechenland ein Exempel statuieren wollte“, wie die taz schrieb, oder ein „bedeutender Rückzug“ der Eurogruppe, deren Austeritätsprogramm „politisch nicht länger durchsetzbar“ ist, wie Mark Weisbrot vom Center for Economic and Policy Research (CEPR) in Washington meinte? Wahrscheinlich liegt die Wahrheit irgendwo zwischen diesen beiden Polen. Der Deal, den Griechenland mit seinen Gläubigern über das Wochenende erreicht hat, trägt alle Züge eines Interimsdeals: Einerseits sichert die viermonatige Verlängerung des Bail-outs das Land vorerst vor dem Default, der Zahlungsunfähigkeit, ab, andererseits bleibt das Schuldenproblem grundsätzlich ungelöst. Einerseits ist es ein erster „Schritt, um Austerität, Memoranda und die Troika hinter uns zu lassen“ (Tsipras), andererseits gehen auch die Verhandlungen über die Konditionen, die mit der Offenhaltung des Finanzhahns verknüpft sind, weiter.

Entscheidend ist wohl, dass die beschlossene Verlängerung des Bail-outs der griechischen Regierung unter zweierlei Hinsicht Luft verschafft, einmal zeitlich, zum anderen auch inhaltlich. Das wichtigste Zugeständnis, das Athen der Eurogruppe abringen konnte, ist ein Mehr an fiskalischer Flexibilität, die durch die Herabsetzung des zu erwirtschaftenden Primärüberschusses (das ist der Haushaltüberschuss vor Zinsen und Tilgung) von 4,5% auf ca. 1,5% symbolisiert wird. Die von der griechischen Regierung formulierte „Reformliste“ legt den Schwerpunkt interessanterweise auf mehr Einkommensgenerierung und nicht auf die Fortsetzung der Streichungsmaßnahmen (wie im alten Programm). Im Zentrum steht der Kampf gegen Korruption, Schmuggel, Steuerhinterziehung und Steuerflucht.

Dass man jetzt in eine neue Phase der Verhandlungen eintritt, bedeutet auch, dass von Athen bestenfalls ein Erfolg errungen wurde, aber kein Sieg. Bereits vollzogene Privatisierungen sollen nicht angetastet werden, laufende Privatisierungen im Einklang mit den Gesetzen abgewickelt werden und potentielle weitere Privatisierungen im Lichte ihrer langfristigen Vorteilhaftigkeit für die Ökonomie des Landes überprüft werden. Von größter Vagheit in der Liste sind nach Ansicht von Analysten die Ausführungen zur Mehrwertsteuer, zur Rentenerhöhung und zur Liberalisierung (sprich: Deregulierung) der Arbeitsmärkte. Es ist bezeichnend, dass der Bedenkenträger-Brief des IWF zu dem von den Europäern erreichten Deal diese Punkte „für die vielleicht wichtigsten“ hält und insgesamt „klare Versicherungen“ vermisst, „das die Regierung vor hat, die im (existierenden Bail-out-) Memorandum vorgesehenen Reformen umzusetzen“. – Das Tauziehen geht also weiter, und die entscheidenden Auseinandersetzungen dürften noch folgen, spätestens dann wenn erneut die Frage eines weiteren Schuldenschnitts auf den Tisch kommt, um den herum kein Weg führt – egal welche Regierung in Athen residiert.


* IWF-Brief an die Eurogruppe >>> hier.
* EZB-Brief an die Eurogruppe >>> hier.

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