Streit um AIIB: Ein weiterer Baustein gegen Bretton-Woods
Neben der New
Development Bank (NDB) und dem Contingency Reserve Arrangement (CRA), das die
BRICS-Staaten im letzten Jahr aus der Taufe hoben, wird in letzter Zeit vor
allem die geplante Asian Infrastructure Investment Bank (AIIB) als weitere
Facette der entstehenden institutionellen Alternative zu den traditionellen
Bretton-Woods-Institutionen und den etablierten regionalen Entwicklungsbanken
angesehen. Die Initiative zur AIIB-Gründung ging im letzten Herbst von China
aus und umfasste zunächst rund 20 asiatische Mitgliedsländer. Die offizielle
Gründung soll im nächsten Jahr erfolgen. Zwar ist China der größte Geldgeber
und Peking der Sitz der neuen Bank, aber das Projekt ist – ähnlich wie die
konkurrierende, von Washington und Tokio dominierte Asiatische Entwicklungsbank
ADB) in Manila – offen für Mitgliedsländer außerhalb Asien.
Genau
um diese Frage ist der Streit zwischen den USA und etlichen europäischen
Ländern jetzt offen entbrannt. Während die Lobbystrategie Washingtons im Herbst
seine Verbündeten innerhalb und außerhalb der Region noch von der Teilnahme an
der chinesischen Initiative abhalten konnte, haben in der letzten Woche
zunächst Großbritannien, dann Luxemburg, Deutschland, Italien und Frankreich
erklärt, sie wollten Gründungsmitglieder der AIIB werden. Südkorea und
Australien wollen ihre negative Haltung zu einer AIIB-Mitgliedschaft überdenken
– den USA schwimmen die Felle weg.
Der
Streit hat mehrere Facetten. Großbritannien und Luxemburg geht es vor allem
darum, chinesisches Investitionskapital auf ihre jeweiligen Finanzplätze zu
locken, was mit einer Anti-China-Strategie unvereinbar ist. Washington wirft
dem langjährigen Hauptverbündeten London ein ständiges „freundliches
Entgegenkommen“ („accomomdation“) gegenüber China vor. Das ist nur eine Stufe
unter dem „appeasement“-Vorwurf. Inhaltlich führt die Obama-Administration die
Sorge an, die neue AIIB könnte sich nicht an den „strengen“ Standards
orientieren, die die Weltbank bei der Kreditvergabe anwendet. Außerdem könne
die Kreditvergabepolitik der AIIB besser von außen als von innen beeinflusst
werden.
Während
letzteres ein ziemlich unsinniger Einwand ist, ist auch der Rekurs auf die ach
so hohen Weltbank-Standards reichlich vorgeschoben. Denn im Zuge der laufenden
Überprüfung der Kreditvergabestandards kamen massive Menschenrechtsverletzungen
und Massenvertreibungen beim Bau von Staudämmen und anderen Großprojekten zum
Vorschein. Selbst Weltbank-Präsident Jim Kim gab jüngst öffentlich seiner
Befürchtung Ausdruck, dass die Zahl der Zwangsumsiedlungen weiter zunehmen
werde, wenn die Weltbank, wie geplant, Infrastrukturprojekte in
Entwicklungsländern massiv ausbauen sollte. NGOs befürchten ohnehin eine
weitere Verwässerung der Weltbankstandards im Zuge ihrer jetzigen Überprüfung.
In Wirklichkeit will Washington den Aufbau einer Alternative zu den
Bretton-Woods-Institutionen von vorneherein schwächen, während den
Schwellenländern innerhalb dieser Institutionen selbst geringfügig verbesserte
Mitspracherechte verweigert werden (s. Blockadepolitik des Capitols).
Selbstverständlich
wird eine neue Entwicklungsbank wie die AIIB, auch wenn sie als Alternative zur
Weltbank wahrgenommen wird, nicht automatisch eine grundsätzlich andere Kreditvergabepolitik
als die überkommenen Bretton-Woods-Institutionen machen (>>> Trotz Weltmarkt und kapitalistischer Krisen: Die Emanzipationdes Südens). Aber allein die wachsende Vielfalt der Akteure in der
Entwicklungsfinanzierung kann ein Fortschritt gegenüber dem Status quo sein.
Peking hat übrigens nicht die Weltbank, sondern die Europäische
Investitionsbank (EIB) eingeladen, die AIIB mit Expertise bei der Mobilisierung
von Infrastruktur zu unterstützen. Vielleicht ist das schon einmal was, auch
wenn auch dort nicht alles Gold ist was glänzt.
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