Junckers EU-Kommission: Selbstumzingelung
Als der ehemalige
Luxemburgische Premierminister zum Chef der Europäischen Kommission gewählt
wurde, sahen wir darin einen „Pyrrhussieg Junckers“. Denn – so die Vermutung –
er würde diese Wahl durch Konzessionen bei der Benennung seiner Kommission
bezahlen müssen (>>> W&E06/2014). Jetzt ist klar, wie diese Konzessionen aussehen: Juncker hat sich
selbst umzingelt mit den eigenen Konservativen, mit austeritätspolitischen
Hardlinern und Aposteln des Freien-Markt-Kapitalismus. Selbst der neue
Kommissar für Wirtschaft, Pierre Moscovici, neben der neuen Außenbeauftragten
der EU Frederica Mogherini der einzig verbliebene Sozialist an der EU-Spitze, ist
da kein Korrektiv. Er geriert sich als markt- und wirtschaftsergebener
Sozialdemokrat (nach deutschem Modell), dem etwa die Finanztransaktionssteuer
ein Graus ist.
Es mag ein schlechtes Omen dafür sein, was von der neuen Truppe in Brüssel zu erwarten ist, dass gestern das geplante europäische Bürgerbegehren gegen TTIP, das geplante Transatlantische Freihandelsabkommen, unter fadenscheinigen Gründen abgelehnt wurde. Die größte Provokation freilich ist die Besetzung des Kommissars für Finanzmarktangelegenheiten mit dem konservativ-liberalen Lord Hill aus Großbritannien, der fast die ganze Zeit seines politischen und beruflichen Lebens als Finanzmarktlobbyist verbracht hat. Das sei ein Palmenzweig Junckers für Cameron und eine Gewährleistung für den Finanzplatz London, wird jetzt gesagt. Es könnte jedoch auch sein, dass dem Luxemburger Juncker die Ernennung des Briten Hill durchaus zupass kommt. Denn so sehr sich die Finanzplätze London und Luxemburg Konkurrenz machen und sich gerne gegenseitig eins auswischen, so sehr spielt man zusammen, wenn es ums grundsätzliche Interesse am eigenen Überleben geht. Die Erfahrung, wie man sich gegenseitig die Bälle zuspielt, hat der Luxemburger.
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