8. Oktober 2013

Jahrestagung von IWF und Weltbank: Nach 25 und nach 5 Jahren



Jedes Jahr, wenn der Internationale Währungsfonds und die Weltbank ihre Jahrestagung abhalten, so in dieser Woche in Washington, erinnere ich mich lebhaft an das Treffen der Bretton-Woods-Zwillinge vor 25 Jahren in Berlin. Es war Anlass für die bis dahin wohl massivsten Proteste – u.a. mit einem Internationalen Gegenkongress und einer Großdemonstration von 80.000 TeilnehmerInnen. Der Informationsbrief Weltwirtschaft & Entwicklung, der sich in der Tradition dieser Alternativveranstaltungen sieht, hat dieser Tage die West-Berliner Erklärung des Gegenkongresses ins Netz gestellt, die bislang nur in Papierform verfügbar war. Diese West-Berliner Erklärung fasste 1988 u.a. die Kritik der Solidaritätsbewegung und der NGOs an den neoliberalen Strukturanpassungsauflagen des IWF an den Schuldnerländern des Südens zusammen.

Es sollte Jahre bzw. Jahrzehnte dauern, bis der Druck so stark geworden war, das IWF und Weltbank von den Dogmen der Strukturanpassungspolitik abrücken mussten, zunächst zwar nur verbal und nicht in der Praxis vor Ort, aber immerhin – jetzt haben Regierungen und Bewegungen eine veränderte Rhetorik, auf die sie sich berufen können, wenn ihnen die abwegige Polit-Konditionalität der Washingtoner Finanzinstitutionen aufgeherrscht werden soll. In vielerlei Hinsicht blieben die Forderungen der IWF/Weltbank-Kampagne von 1988 bis heute unerfüllt. So ruft die Erlassjahr- bzw. Jubilee-Bewegung dieser Tage zu einer globalen Aktionswoche für die Streichung illegitimer und untragbarer Schulden auf.

Vor 5 Jahren war die schon in Berlin 1988 prognostizierte globale Krise in Form einer weltweiten Finanzkrise definitiv in den Industrieländern angekommen. In einem Beitrag für die Financial Times berichtet der Pimco-Manager Mohamed El-Erian jetzt, wie die damalige Jahrestagung 2008, kurz nach der Lehman-Pleite, zu einem „kollektiven Erwachen“ geriet, das dann auf dem G20-Gipfel in London in einen Aktionsplan mündete, der die Welt vor einem Absturz in eine neue Große Depression bewahrte.

Doch fünf Jahre später scheinen zwar die schlimmsten Gefahren eines vom Finanzsektor ausgehenden Systemzusammenbruchs gebannt (wenngleich die unerledigten Reformen Legion sind), doch die Weltkonjunktur läuft nach wie vor unter ihren Möglichkeiten, die Schwellenländer sind neuen Destabilisierungsgefahren ausgesetzt, die Spillover-Effekte der US-amerikanischen Geldpolitik auf die Weltwirtschaft sind gar nicht abzuschätzen, und die Massenarbeitslosigkeit ist in vielen Industrieländern, vor allem unter Jugendlichen, ein grassierendes Problem. Also wäre auch jetzt eine koordinierte Antwort der Hauptakteure der Weltwirtschaft dringend geboten.

Doch sollten wir von der Jahrestagung, die offiziell am Donnerstag beginnt, „weder ein kollektives Erwachen noch einen global koordinierten Politikansatz erwarten“, schreibt El-Erian. Und: „Es ist tragische Realität…, dass eine verlängerte Malaise der Main Street noch nicht die gleiche politische Dringlichkeit auslöst wie eine gescheiterte Wall Street.“ Recht hat er.

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