Zwischen Jackson Hole und St. Petersburg: Waehrungspolitik? Fehlanzeige!
Währungen unter Druck |
Die Welt ist zu einem endlosen Zyklus von
Spekulationsblasen, Finanzkrisen und Währungszusammen-brüchen verdammt und
sollte sich daran gewöhnen. Das war einem Bericht der Financial Times zufolge der Konsens unter den Zentralbankern, die sich
Ende letzter Woche zu ihrem alljährlichen Get-together in Jackson Hole/USA
versammelt hatten. Die gesamte Debatte, so der Autor, sei bestimmt gewesen von
einer fatalistischen Akzeptanz des Status quo und dem Verzicht auf jeglichen Ehrgeiz
bei der Reform des internationalen Finanzsystems. Wenn dies zutrifft, ist das
kein gutes Omen für den G20-Gipfel, der nächste Woche am 5./6. September in St.
Petersburg stattfinden soll. Denn die Zentralbanker sitzen dort mit am Tisch.
Dabei ist der Abwertungsdruck, der gegenwärtig auf vielen
Schwellenländern lastet (s. Grafik), eine drastische Erinnerung daran, wie
notwendig es wäre, endlich eine Reform der internationalen Währungs(un)ordnung in
Angriff zu nehmen. Denn seit das System der festen Wechselkurse von Bretton
Woods 1971 aufgegeben und der Volatilität freier Lauf gelassen wurde, bleibt
den Staaten im Kampf gegen die Instabilität der Währungen nur die
Selbstversicherung durch die Bildung von Währungsreserven (um gegebenenfalls in
den Märkt intervenieren zu können) oder der Griff zu Kapitalverkehrskontrollen
oder aber Phlegma und Nichtstun. Dass auch Kapitalverkehrskontrollen wenig
ausrichten können, wenn sie halbherzig und dilettantisch angegangen werden, hat
Indien soeben vorexerziert. (Auch nach der Begrenzung des Abflusses von
heimischem Kapital, hat die Rupie weiter an Wert verloren, und zwar im
Rekordtempo.)
Die Fehler des internationalen Währungssystems sind also
älter als die aktuellen Währungsprobleme der Schwellenländer. Ein kardinales
Problem ist, dass das derzeitige System keinerlei Handhabe bietet, um
Überschussländer zu Korrekturen zu zwingen. Ein weiteres liegt darin, darin,
dass die wichtigste internationale Reservewährung immer noch eine nationale Währung,
der US-Dollar, ist. Einzig die FED entscheidet deshalb über die Menge, in der
diese Währung zur Verfügung steht. Und wenn die Weltwirtschaft wie derzeit insgesamt
schneller wächst als die US-Wirtschaft, verstärkt sich die Tendenz zur
Verknappung internationaler Liquidität zusätzlich.
Zur Lösung dieses Problems stehen schon länger Lösungen
bereit, die sich mit dem Namen Keynes verbinden: die Schaffung eines internationalen Reservesystems mit
Regeln für die Bewertung nationaler Währungen (im Verhältnis zu den
internationalen Reserven) und Sanktionsmechanismen gegen Defizit- und Überschussländer. Nach der jüngsten
globalen Finanzkrise wurden mehrere solcher Vorschläge zur Stabilisierung der
globalen Finanzen auf den Tisch gelegt, etwa von der Stiglitz-Kommission. In
einem neuen Buch (>>> Against the Consensus) unterbreitet jetzt auch der ehemalige (und erste)
chinesische Chefökonom der Weltbank, Justin Yifu Lin, einen Vorschlag zur
Schaffung einer solchen globalen Reservewährung (in Form von Papier-Gold – „p-gold“).
Es wäre an der Zeit, solche Alternativen zu dem jetzigen Chaos-System wieder
hervorzuholen. Doch weder auf die Zentralbanker noch auf die G20 kann man dabei
setzen.
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