28. August 2013

Geier gegen Argentinien: Konsequenzen für Entwicklungswelt



Am 23. August entschied das zweite Berufungsgericht der USA in dem als Jahrhundertprozess bezeichneten Rechtsstreit zwischen dem Hedgefonds NML Capital und dem souveränen Staat Argentinien zu Gunsten des Hedgefonds. Damit bestätigte das Gericht ein Urteil, demzufolge Argentinien 1,33 Mrd. US-Dollar an den sog. Geierfonds zahlen muss. Das Urteil könnte weitreichende Konsequenzen – auch für andere Schuldnerländer im Süden – haben, sollte der Oberste Gerichtshof kein Veto einlegen.

In dem aktuell tobenden Rechtsstreit fordert der Hedgefonds den vollen Wert von argentinischen Staatsanleihen, die er während der argentinischen Finanzkrise zu Beginn des Jahrtausends spottbillig aufgekauft hatte, vor US-Gerichten ein und möchte somit aus dem Elend der Krisenopfer in Argentinien und auf Kosten der gutwilligen Mehrheit der damaligen argentinischen Gläubiger Profit schlagen. Das lateinamerikanische Land bot dem Hedgefonds damals die Rückzahlung der Schulden zu denselben Bedingungen an, auf die es sich mit 92% seiner Gläubiger zuvor geeinigt hatte – NML Capital lehnte ab.

Nach Ansicht von Jürgen Kaiser vom deutschen Entschuldungsbündnis erlassjahr.de wären die Konsequenzen für bisherig angewandte Konzepte zur Restrukturierung von untragbaren Schulden ohne einen Einspruch des US Supreme Courts gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts katastrophal. Nicht nur werde die Souveränität von verschuldeten Staaten ausgehebelt und der unmoralischen Geschäftspolitik der Geierfonds zu Lasten der ärmsten Menschen der Welt ein Nährboden bereitet. Auch für hochverschuldete ärmere Entwicklungsstaaten und deren Bevölkerung könnte das Urteil Folgen haben. Denn auch sie gehören seit den 1990er Jahren zu den Zielobjekten der Geierfonds. Erst 2007 musste Sambia Mittel, die eigentlich in die Armutsbekämpfung investiert werden sollten, an einen solchen Hedgefonds zahlen.

Das Geschäftsmodell der Geierfonds funktioniert dabei so: Zu einem günstigen Nominalwert werden Gläubigern die finanziellen Forderungen an hochverschuldete Staaten in der Krise abgekauft. Hat sich das Land erholt, fordern die Fonds vor Gerichten die Schulden zu einem Wert ein, der den Erwerbspreis um ein vielfaches übersteigt. Hat diese Praxis nun Aussicht auf Erfolg, bedeutet dies, dass Umschuldungsregelungen zwischen zahlungsunfähigen Staaten und ihren Gläubigern in Zukunft beinahe unmöglich werden. Denn Gläubiger, die sich bisher aus guten Gründen zu Gunsten der Wiederherstellung der Zahlungsfähigkeit auf Teile ihre Forderungen verzichteten, haben dazu dann kaum einen Anreiz mehr. Das große Geld, so machen es die Geierfonds vor, winkt schließlich vor Gericht. 

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