Die WTO auf dem Weg ins Abseits?
Der August ist für die Welthandelsorganisation (WTO) und andere in Genf ansässige internationale Organisationen der traditionelle Ferienmonat. Entsprechend dünn sind die Meldungen gesät. Diesmal ist es nicht ganz so mau. Das hat damit zu tun, dass hinter den Kulissen daran gearbeitet wird, doch noch ein Mini-Agreement auf die Beine zu stellen, wenn im kommenden Dezember das zweijährige „Ministerial“ in Bali/Indonesien zusammen kommt. Hinzu kommt der „Wachwechsel“ an der Spitze der Organisation.
Während der nächste WTO-Generaldirektor, der Brasilianer Roberto Carvalho de Azevédo, seinem
Amtsantritt geruhsam entgegen sieht (>>> Neuanfang bei der WTO mitAzevedo? Erfolg für Schwellen- und Entwicklungsländer) hat der scheidende
Generaldirektor, Pascal Lamy, die Gelegenheit für eine Breitseite gegen die USA
und die Europäer genutzt. Deren jüngst begonnenen Verhandlungen um eine
Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) bergen – ebenso
das transpazifische Pendant TPP – Risiken für das multilaterale Handelssystem,
wie es die WTO repräsentiere. Es sei keineswegs ausgemacht, ob die neuen
Regionalabkommen Stolpersteine oder Bausteine für die multilaterale
Handelsordnung sein werden, gab er der Financial Times vor der
Sommerpause zu Protokoll. Und die Verhandler in Washington, Brüssel oder Tokio
scherten sich weder um die Kohärenz ihrer Megaprojekt mit dem WTO-System noch
sei zu erwarten, dass nichttarifäre Handelshemmnisse wie Subventionen abgebaut
würden.
In der Tat weist der ehemalige
Handelskommissar der EU, der in letzter Zeit gerne einem Multilateralismus 2.0
das Wort redet, auf ein gravierendes Problem hin. Die neue regionale
Freihandelsoffensive der alten Industrieländer (>>> TTIP: Die neueFreihandelsoffensive) macht bewusst einen Bogen um die neuen Schwergewichte
der Weltwirtschaft, etwa Schwellenländer wie China, Brasilien und Indien, mit
denen der Westen in der WTO nicht zu Recht kommt. Mehr noch: Obwohl ohne diese
verhandelt wird, lässt sich dennoch vermuten, dass neue Regeln für den
Welthandel (etwa im Bereich der Investitionen) gesetzt werden sollen
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