Die G20 im Wechselkurs-Krieg
Der
Begriff “Währungskrieg” ist wahrscheinlich zu unschön, um in ein offizielles
Kommuniqué der Gruppe der 20 (wichtigsten Industrie- und Schwellenländer)
Eingang zu finden. Doch ist es genau
dies, was einen zentralen Stellenwert auf der Agenda einnehmen wird, wenn am
kommenden Freitag und Samstag die Finanzminister und Zentralbankchefs zu ihrem
ersten Treffen unter der G20-Präsidentschaft Russlands in Moskau zusammenkommen werden. Die währungspolitischen
Leistungen der G20 sind bislang gleich Null, aber die derzeitige
Diskussionswelle über den neuen Währungskrieg („currency war“) signalisiert
einen wachsenden Handlungsdruck.
* Die G7-Erklärung hat folgenden Wortlaut:
Dabei
gibt es mehrere Fronten und Ebenen, an und auf denen die Auseinandersetzungen
um dieses Thema unter den G20-Mitgliedern geführt werden. Da sind einmal die
Klagen diverser Industrieländer, vor allem der USA und der EU, seit Japan
ebenfalls zu einer Politik des lockeren Geldes übergegangen ist, was zu einer
beträchtlichen (und gewollten) Abwertung des Yen geführt hat. Die G7 haben gestern
in einer eilig gezimmerten Erklärung
versucht, den Eindruck zu erwecken, dass ein Währungskrieg mit dem Versuch,
sich bei den Exportpreisen gegenseitig zu unterbieten, unter den
Industrieländern gar nicht stattfinde. Doch letztlich versichert die Erklärung
nur, dass man auch künftig die Entwicklung der Wechselkurse dem „Markt“
überlassen wolle und sich auch künftig in Wechselkursfragen („as appropriate“)
konsultieren wolle. Erreicht wurde damit freilich das Gegenteil: eine neue
Welle der Volatilität hat den Yen erfasst.
Ohnehin
ist fraglich, ob die Japaner währungspolitisch jetzt die Hände in den Schoß
legen werden. Immerhin kämpft das Land erstmals ernsthaft darum, aus der
jahrelangen deflationären Flaute herauszukommen. Fast nicht nachvollziehbar
ist, warum die Franzosen der G7-Erklärung zugestimmt haben, hatte deren
Präsident François Hollande doch erst letzte Woche dazu aufgerufen, neu über
eine Reform des internationalen Währungssystems nachzudenken (>>> Die Eurokrise ist vorbei? Von wegen!).
Höchst
fraglich ist auch, ob das Sondervotum der G7 als Vorlage für das Finanzministertreffen
der G20 taugt. Gerade die Schwellenländer sehen sich als Opfer des von den
Industrieländern entfachten Währungskrieges. Dabei beklagt inzwischen nicht nur
Brasilien, dessen Finanzminister Mantega den Begriff „Währungskrieg“ im
vorletzten Jahr erfunden hat, die Überschwemmung mit billigem Geld infolge des
sog. „Quantitative Easing“ und seiner europäischen Variante in Form des EZB-Anleihe-Aufkaufprogramms
OMT („Outright Monetary Transactions“), da dies diese Länder unter
Aufwertungsdruck setzt. Ganz Lateinamerika „is going Brazilian“, wie die Financial Times heute berichtet.
Die
währungspolitischen Interessengegensätze lassen sich ohnehin durch spitzfindige
Kommuniqués nicht wegdiskutieren. „Währungskriege“, so schrieb das Wall Street Journal kürzlich, „bilden eine feste Größe im modernen Finanzwesen, seitdem
Anfang der 1970er Jahre das Bretton-Woods-System fester Wechselkurse
zusammengebrochen war.“ Hinzuzufügen wäre, dass nur eine Reform dieses „Non-Systems“
hier Abhilfe schaffen könnte. Dazu aber müsste die Agenda der G20 um mindestens
zwei Punkte erweitert werden, die bis heute nicht ernsthaft angegangen wurden:
erstens die koordinierte globale Regulierung der Finanzflüsse und zweitens die
Schaffung eines neuen internationalen Währungssystems auf der Basis einer
wirklichen globalen Reservewährung, z.B. auf der Grundlage wesentlich aufgestockter
Sonderziehungsrechte des IWF. Aber dies bleibt angesichts der verengten
Interessenlagen innerhalb der G20 vorerst Zukunftsmusik.
* Die G7-Erklärung hat folgenden Wortlaut:
"We, the G7 Ministers and Governors, reaffirm our longstanding commitment to market determined exchange rates and to consult closely in regard to actions in foreign exchange markets. We reaffirm that our fiscal and monetary policies have been and will remain oriented towards meeting our respective domestic objectives using domestic instruments, and that we will not target exchange rates. We are agreed that excessive volatility and disorderly movements in exchange rates can have adverse implications for economic and financial stability. We will continue to consult closely on exchange markets and cooperate as appropriate."
2 Kommentare:
Sehr geehrter Herr Falk,
mich erstaunt, wie selten gefragt wird, wie die "verengten Interessenlagen" beispielsweise der G20 eigentlich genau zustande kommen und welche Kraft sie je überwinden könnte.
Die Hypothese von Simpol lautet: Die Nationalstaaten befinden sich in einem sogenannten Gefangenendilemma, dem 'destruktiven internationalen Wettbewerb', der sie paradoxerweise daran hindert, gemeinsam die gemeinsamen Interessen zu verfolgen.
Die zweite Hypothese lautet: nur die BürgerInnen können in einer trans-nationalen Initiative aus diesem Dilemma herausführen.
Gerne würden wir uns mit Ihnen über Perspektiven einer bürgerInnen-getriebenen Weltinnenpolitik austauschen!
Mit besten Grüßen,
Dirk Weller
für
http://de.simpol.org
Sehr geehrter Herr Falk,
vielen Dank für die klare Darstellung!
Mich erstaunt, wie selten die Frage gestellt wird, wie die "verengten Interessenlagen innerhalb der G20" eigentlich genau zustande kommen und was passieren müsste, um sie zu überwinden.
Die Simpol-Initiative vertritt die Hypothese, dass es sich um ein klassisches Gefangenendilemma handelt, das am besten von den BürgerInnen selbst trans-national ausgehebelt werden kann.
Gerne würden wir uns mit Ihnen über die Perspektiven einer 'Weltinnenpolitik von unten' austauschen!
Mit freundlichen Grüßen,
Dirk Weller
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