Cannes, Durban, Bruessel, Genf: Endstation Doha-Runde?
Später in dieser Woche findet in Genf das 8. Ministertreffen der WTO statt (15.-17.12). Es wird mit Sicherheit das trostloseste Ereignis in der Kette von Gipfeltreffen der letzten Wochen. Während der G20-Gipfel in Cannes immerhin noch Trippelschritte verzeichnete, wenn er auch den erforderlichen großen Wurf vermissen ließ (>>> Trippelschritte statt großer Wurf), und die Staatschefs der EU in Brüssel einen gewaltigen Sprung in die falsche Richtung machten (>>> Merkozy auf der Titanic: Volldampf voraus!), einigte sich die Klimakonferenz doch noch auf neue Verhandlungen, schob damit die Lösung der Probleme allerdings weit in die Zukunft hinaus (>>> Durban: Gerechtigkeit zurück auf der Agenda?).
Das Genfer WTO-Ministerial hingegen wird höchstwahrscheinlich nicht einmal eine weitere Verhandlungsperspektive aufzeigen können, sondern darüber feilschen, on die jetzt zehnjährige Doha-Runde ein Begräbnis dritter Klasse bekommt oder weiterhin lebensverlängernde Maßnahmen getroffen werden (>>> Doha-Runde: Ein Begräbnis dritter Klasse?). Das einzige, worin die Verhandlungspartner in der WTO derzeit übereinstimmen, ist die Ansicht, dass sich die Doha-Runde in der Sackgasse befindet. Nur als erster offiziell aussprechen, möchte das aus Angst vor dem Schwarzen Peter kaum einer. Deshalb werden sie sich schwer tun, den Patienten für tot zu erklären, so der EU-Handelskommissar Karel De Gucht kürzlich: „Doha wird nicht für tot erklärt werden, weil wir einer der Ärzte sind und nicht bereit dazu sind.“ Fragt sich, was dann die weitere Perspektive sein soll.
Die WTO wird in Genf vielleicht einige Schlagzeilen mittlerer Bedeutung produzieren. So jährt sich die Neuaufnahme Chinas heuer zum zehnten Mal. Zugleich wird mit Russland die letzte größere Wirtschaftsmacht in den Kreis der WTO-Mitglieder aufgenommen. Die Bilanz der Anti-Dumping-Politik der WTO ist nicht einmal so schlecht: Von den Streitschlichtungsverfahren profitierten auch Entwicklungsländer, vor allem größere und wirtschaftlich fortgeschrittenere. Was sich jedoch deutlich in den letzten zehn Jahren gezeigt hat: Die WTO eignet sich nicht (mehr), um dem Süden eine Agenda aufzuzwingen, die dieser nicht will. Das war eigentlich schon in Cancún 2004 klar, als die Punkte Investitionssicherheit, Wettbewerbsrecht und regierungsamtliche Auftragsvergabe von der Tagesordnung gekippt wurden. Übrig blieben die Frage der Agrarsubventionen, der Handel mit Industriegütern und die Dienstleistungen. Auf allen drei Gebieten sind die Verhandlungen blockiert, weil die Industrieländer überall weitreichende Liberalisierungen wollen, die Entwicklungsländer aber auf dem Abbau von Agrarsubventionen und Schutzrechten für ihre jungen Industrien bestehen. In puncto Dienstleistungen kommt es wahrscheinlich zu einer Reihe plurilateraler Abmachungen der Industrieländer untereinander. – Ein Beinbruch ist diese Entwicklung nicht – geben doch inzwischen selbst Weltbank-Vertreter zu, dass die einstmals prophezeiten Wohlfahrtsgewinne aus Liberalisierungsschüben heillos übertrieben waren. Und so wird sich auch deshalb diese Runde auf dem Krankenbett nicht heilen lassen.
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