Entwicklungshilfe: Trostlose Story
Durchweg enttäuscht hat die entwicklungspolitische NGO-Community auf die in dieser Woche von der OECD veröffentlichten neuen Entwicklungshilfe-Zahlen reagiert. Danach ist die öffentliche Entwicklungshilfe (ODA) der Mitgliedsländer des OECD-Entwicklungshilfeausschusses DAC 2010 zwar leicht um 6,5% auf 128,7 Mrd. Dollar gestiegen. Gemessen am Bruttonationaleinkommen (BNE) der Industrieländer liegt sie jedoch immer noch bei mickrigen 0,32%. Damit haben sie ihre Zusagen auf dem G8-Gipfel im schottischen Gleneagles von 2005 um rund 18 Mrd. Dollar verfehlt, stellte Oxfam-Sprecher Tobias Hauschild fest.
In einer Analyse der neuen ODA-Zahlen kommt Bodo Ellmers vom Europäischen Netzwerk Schulden und Entwicklung (EURODAD) fest, das mit diesen Zahlen praktisch alle Entwicklungshilfe-Ziele, von denen viele im Jahr 2010 fällig geworden wären, verfehlt wurden:
* 2010 jährte sich das ODA-Ziel der UNO von 0,7% zum 40. Mal. Doch die reichen Länder zahlten nicht einmal die Hälfte davon.
* Die Europäische Union wollte 2010 laut ihrem Stufenplan von 2005 auf 0,56% des BNE kommen. Faktisch haben alle EU-Mitgliedsländer zusammen jedoch lediglich 0,43% erreicht.
* Besonders traurig fällt die Nicht-Einhaltung der Versprechen für Afrika aus: Afrika, das zusätzlich 25 Mrd. Dollar pro Jahr bekommen sollte (gegenüber dem Stand von 2005), hat 2010 nur 11 Mrd. bekommen.
Natürlich gab es auch diesmal wieder einige „Helden“ unter den Geberländern: Norwegen, Luxemburg, Schweden, Dänemark und die Niederlande haben die 0,7- und teilweise sogar die 1,0%-Marke zum wiederholten Male überschritten. Das blamiert die „Schurken“ umso mehr. In der EU gehört dazu auch Deutschland, das mit 0,38% hinter Italien, Griechenland, Portugal und Österreich gerade mal den fünftletzten Platz erreichte. Als geradezu „schändlich“ empfindet Germanwatch-Sprecher Ludger Reuke die deutsche ODA-Quote: „Das geht eindeutig auf Dirk Niebels Kappe. So kann er das von ihm so genannte ‚sportliche Ziel‘ nicht erreichen – er reißt eine Hürde nach der anderen.“
Wie stark hängt die trostlose ODA-Entwicklung mit den Konsequenzen der großen Finanzkrise zusammen? Eine eindeutige Antwort ist darauf nicht möglich. Selbst Staaten mit großen Zahlungsproblemen haben unterschiedliche Ergebnisse erzielt: Während Griechenland und Portugal auf 0,17 bzw. 0,29% kamen, erreichte Irland immerhin 0,53%. Und auch Belgien (0,64%), Großbritannien (0,56%) und Finnland (0,55%) haben ihre Quoten erheblich gesteigert und damit – anders als Deutschland – deutlich gemacht, dass sie das 0,7%-Ziel bis 2015 erreichen werden. Als reine Zahlenkorrelation mag es einen zyklischen ODA-Trend geben, der nach Krise und Rezession zeitversetzt nach unten zeigt. Einen starken entwicklungspolitischen Willen vorausgesetzt, ist dies jedoch kein Zwangsgesetz.
1 Kommentar:
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Anonym Anonym hat gesagt...
Mal wieder sind wir die Hartherzigen.Aber es hat keinen Sinn, erst über Beträge zu sprechen und dann über die Aufgaben, die damit finanziert werden sollen. Und was soll diese Prozentzahl aussagen? Das Schlimmste an der Diskussion: Sie konzentriert sich auf finanzielle Größen – und leistet damit dem verheerenden Denken Vorschub, mehr bringe mehr, mehr Geld bedeute mehr Entwicklung. Die Erfahrungen der letzten Jahrzehnte werden nicht zur Kenntnis genommen.Die Quantität der Hilfe scheint für viele wichtiger als die Qualität.Ich war 17 Jahre in Afrika tätig und mußte feststellen, dass die Bedürftigen kaum erreicht wurden.Es ist die Korruption und ausufernde Bürokratie in Afrika, die die Armen noch ärmer macht.
Der Kontinent braucht nicht mehr Hilfe sondern verantwortliche Regierungen. Die Länder brauchen eine eigenverantwortliche Wirtschaftspolitik. Weiterverarbeitende Produkte und echte Industrien . Die effizieteste Hilfe ist Bildung- und Wirtschaftsförderng, damit Arbeitsplätze geschaffen werden. Und unsere Entwicklungsindustrie sollte den Menschen in Afrika nicht mehr einreden, dass sie ihre Probleme nicht selbst lösen könnten.
Volker Seitz, Autor "Afrika wird armregiert" 5. Auflage 2011
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