Industrieländer torpedieren LDC-Aktionsprogramm
Die Verhandlungen über ein neues Aktionsprogramm für die am wenigsten entwickelten Länder (LDCs) stecken in einer Sackgasse, nachdem die reichsten Länder der Welt sich weigerten, neue Verpflichtungen einzugehen. Dies erfuhr Social Watch am Rande der New Yorker Vorbereitungsverhandlungen für die nächste LDC-Konferenz, die für kommenden Mai in Istanbul geplant ist. Die Industrieländer lehnen es ab, sich zur Erhöhung ihrer Entwicklungshilfe zu verpflichten oder andere Verpflichtungen einzugehen. Stattdessen verlangen sie von Schwellenländern wie China und Brasilien, dass auch sie formelle Verpflichtungen gegenüber den LDCs eingehen.
Der finnische Vorsitzende des Vorbereitungsausschusses, Botschafter Jarmo Viinanen, hatte ein Dokument vorbereitet, das die bislang vorgetragenen Ideen für ein Istanbuler Konferenzergebnis recht gut zusammenfasste. Argentinien hatte stellvertretend für die Gruppe der 77 (Entwicklungsländer) die reichen Länder, die in dem Dokument als „Entwicklungspartner“ bezeichnet werden, für ihre geringe Bereitschaft zu Verpflichtungen kritisiert. Die EU, die USA und Japan wiesen nicht nur den Wunsch nach Erhöhung ihrer öffentlichen Entwicklungshilfe zurück, sondern auch die Struktur des vorgeschlagenen Dokuments, das für jeden Punkt die Verantwortlichkeiten von Industrieländern und LDCs auflistet.
Stellvertretend für die LDC-Gruppe wies Nepal darauf hin, dass diese Gliederung bereits das vor zehn Jahren verabschiedete Brüsseler Aktionsprogramm kennzeichnete und in der ersten Sitzung des Vorbereitungsausschusses niemand widersprochen hatte, auch diesmal so zu verfahren. Das Hauptziel des nächsten Aktionsprogramms soll nach den Vorstellungen der LDCs darin bestehen, die Hälfte der LDCs durch die strukturelle Transformation ihrer Wirtschaft aus dem derzeitigen Status herauszuführen. Dazu bedarf es einer Neuen Internationalen Entwicklungsarchitektur, die über die 2015 auslaufenden MDGs hinausweist (>>> Eine Neue Internationale Entwicklungsarchitektur).
Der Vorgang zeigt ein weiteres Mal, wie die meisten Industrieländer derzeit nicht nur versuchen, sich aus bereits gegebenen entwicklungspolitischen Zusagen wieder hinauszustehlen. Bereits im Zusammenhang der bisherigen drei LDC-Konferenzen hatten die Industrieländer zugestimmt, 0,15% ihres Bruttosozialprodukts als ODA für die LDCs bereitzustellen (was selbstredend nicht eingehalten wurde). Umso egoistischer gibt sich der Norden, wenn es um zusätzliche Verpflichtungen geht. Jetzt wurden die Verhandlungen erst einmal bis zum 22. Februar aufgeschoben. Wie ohne einen Verhandlungsentwurf bis zur ersten Aprilwoche ein Outcome-Dokument fertig werden soll (so der offizielle Zeitplan), steht derzeit in der Sternen.
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