18. Februar 2011

Appell an G20: Finanzwetten auf Nahrungsmittel und Hunger stoppen

Mehr als hundert Organisationen aus aller Welt fordern die FinanzministerInnen der G20 anlässlich ihrer Zusammenkunft an diesem Wochenende auf, Nahrungsmittelspekulation von Banken und Fonds zu beschränken. Der Appell hat folgenden Wortlaut:

In den vergangenen Jahren haben Preissteigerungen bei Grundnahrungsmitteln immer wieder zu dramatischen Verknappungen in vielen der weltweit ärmsten Länder geführt. Im Jahr 2008 erlebte die Welt eine ernsthafte Krise, weil die Preise für Reis, Weizen und Mais empor schnellten. In 25 Ländern brachen Hungerrevolten aus, und die weltweite Gesamtzahl der hungernden Menschen wuchs um 100 Millionen.

Angesichts der derzeit erneut steigenden Nahrungsmittelpreise könnte eine ähnliche Krise bereits vor der Tür stehen. Wir fordern daher die Politiker und Regierungschefs der Europäischen Union, der USA und anderer Staaten auf, sofort zu handeln um eine erneute Nahrungsmittelkrise zu verhindern.

Hunger und Unterernährung zu beseitigen ist eine riesige Herausforderung, aber ein konkreter Schritt wäre es, die Finanzspekulation mit Agrarprodukten zu zügeln. Die unruhigen Zeiten auf den Finanzmärkten machen Termingeschäfte („futures“) mit Agrarprodukten für Finanzinvestoren und Spekulanten attraktiv. Enorme Kapitalmengen fluten diese Märkte. Damit verursachen sie plötzliche Preisanstiege, die für gering verdienende Familien in Entwicklungsländern tödliche Konsequenzen haben können. Hinzu kommt die steigende Preisvolatilität, da „heißes Geld“ in die Märkte ein- und wieder herausströmt. Dies hat verheerende Wirkungen für BäuerInnen, denn sie können selbst kurzfristig nicht vorhersehen, welche Preise ihre Ernte erzielen wird.

Momentan wird die Regulierung von exzessiver Rohstoffspekulation in den USA und der EU erwogen. In beiden Fällen existieren Möglichkeiten, Reformen umzusetzen und so die Nahrungsmittelpreise zu stabilisieren. Auch die Regierungen der G20 haben dieses Thema als eine Hauptpriorität ausgemacht. Dieses politische Umfeld bedeutet eine historische Möglichkeit, ein nachhaltiges Verhältnis zwischen Finanz- und Agrarmärkten zu sichern.

Doch die Finanzindustrie hat bereits Milliarden Euros investiert, um bei den Regierungen gegen Spekulationsgrenzen zu lobbyieren. Diese Lobbyisten vertreten eine kleine, aber überaus mächtige Interessengruppe, die von Geschäften profitieren, die für die Mehrheit der Menschen desaströs ist.

Wir fordern daher Regierungen und Abgeordnete auf, stattdessen den vielen VerbraucherInnen, ArbeiterInnen, BäuerInnen, Unternehmen, religiösen Gruppen, WissenschaftlerInnen, internationalen EntwicklungsaktivistInnen und allen anderen zuzuhören, die davon überzeugt sind, dass nur eine wirkungsvolle Kontrolle von Rohstoffspekulation die NahrungsmittelproduzentInnen und die weltweit ärmsten Menschen vor plötzlichen Preisspitzen und –schwankungen schützen kann.

Wir brauchen Regeln für mehrere Schlüsselbereiche. So müssen vollständige Transparenz und Aufsicht der Finanzmärkte für Nahrungsmittel gewährleistet werden. Der Beteiligung rein finanzwirtschaflicher Akteure in Warenterminmärkten für Rohstoffe müssen enge Grenzen gesetzt werden. Zudem muss der Aufkauf von physischen Lagerbeständen durch Finanzakteure verboten werden.

Das Anliegen ist dringend. Nicht nur, weil es derzeit lebhafte Diskussionen auf US-, EU- und G20-Ebene gibt, sondern vor allem weil die Preise auf den Agrar- und Finanzmärkte mit jedem Monat stärker schwanken. Wenn keine Maßnahmen getroffen werden, um die exzessive Spekulation zu unterbinden, wird es nur eine Frage der Zeit sein, bis wir das nächste Kapitel der globalen Hungerkrise erleben.

* Unterzeichnende Organisationen >>> hier.

2 Kommentare:

nala hat gesagt…

Interessanter Beitrag! Gut auch mal solche Informationen näher zu bekommen.

André Gaufer hat gesagt…

Keine Rendite auf Kosten der Ärmsten
Jeder kann auf Geldanlagen verzichten, die Mensch und Umwelt schaden!
Keiner braucht Finanzprodukte, die auf Kosten der Ärmsten mit Nahrungsmitteln spekulieren!
Dafür setzt sich die Initiative www.handle-fair.de ein!