7. Februar 2011

Bewegender Auftakt des Weltsozialforums in Dakar

Gastblog von Margareta Kiener Nellen*)

Tausende Menschen wurden zum Eröffnungsmarsch des Weltsozialforums 2011 hier in Dakar/Senegal erwartet. Seit Tagen waren Karawanen aus verschiedenen Ländern Afrikas per Velo, Bus oder zu Fuß nach Dakar unterwegs. Flugbillette innerhalb Afrikas sind (zu) teuer. Eine Kollegin aus Nairobi/Kenya zahlte mehr als das Doppelte für ihren Flug nach Dakar als ich aus Zürich. Das reduziert die Zahl der Teilnehmenden aus Afrika. Trotzdem waren wir zahlreich: Bei kühlendem Wind vom Atlantik starteten am Sonntag um 14 Uhr rund 75.000 Menschen aus allen Kontinenten vom zentralen Sfax-Platz in Dakar einen friedlichen Marsch zur Cheikh Anta Diop Universität. Dort werden rund 1.200 Organisationen (500 aus Afrika und 700 aus den anderen Kontinenten) sowie mindestens 50.000 angemeldete TeilnehmerInnen aus 123 Ländern in dieser Woche die anspruchsvollen Themen für eine andere, gerechte und solidarische Welt bearbeiten.

An der Spitze des Zuges: Afrikanische ExponentInnen von sozialen Bewegungen und Dachorganisationen von FischerInnen, BäuerInnen, LandarbeiterInnen sowie Gewerkschaften. Mit 123 Nationalitäten könnte der Umzug farbenfroher nicht sein. Unsere Schweizer Delegation reiht sich ein zwischen einer italienischen Gewerkschaftsdelegation und einer großen Delegation aus Marokko. Unverkennbar die Unia-Fahnen. Afrikanische Trommeln geben von Beginn weg einen rassigen Takt an. Dazu lassen sich die rund 5 Kilometer gut zurücklegen! Übrigens: Sicherheitskräfte braucht es hier deutlich weniger als am WEF in Davos, und Dakar wurde auch nicht zur Festung umgebaut.

Mit heißem Applaus wird eine Delegation aus Tunesien begrüßt. Kaum je war der Aufschrei nach Demokratie in Afrika weltweit sichtbarer als heute. Genau im Zeitpunkt, da in Nordafrika – in Tunesien und Ägypten – autoritäre Regime gestürzt werden und die Elfenbeinküste in akutem Konflikt steht, schauen AfrikanerInnen mit Interesse auf die politischen Alternativen. In Lateinamerika: Bolivien, Brasilien und Ecuador sind zu vielversprechenden alternativen Staatsmodellen geworden. Evo Morales, Staatspräsident von Bolivien, ist persönlich anwesend. In einem überzeugenden Auftritt motiviert er die Anwesenden mit einer langen Rede, in allen Ländern soziale Bewegungen, Gewerkschaften und politische Parteien so aufzubauen und zu organisieren, dass sie bei Wahlen eine Mehrheit gewinnen. Er teilt uns auch seinen Traum mit: Möglichst viele zukünftige StaatspräsidentInnen sollen aus den Forums-TeilnehmerInnen hervorgehen.

Ich spüre hier viel Kraft und eine große Solidarität. Das gemeinsame Ziel ist klar: weg von einem System, das Reichtum für wenige und immer mehr Armut für viele bringt. Wir sind nicht verdammt dazu, alle paar Jahre eine immer einschneidendere Krise wegen des herrschenden Casinokapitalismus zu erleiden. Und: Wir müssen handeln, bevor die nächste Krise kommt. Ein Sprichwort aus Senegal lautet: „Die Schweiz hat die Uhren erfunden, aber Senegal die Zeit.“ Nutzen wir die Zeit am WSF 2011 hier in Dakar, um konkrete Maßnahmen für eine andere Welt zu planen. Bereits vor dem Forum verabschiedet wurde eine Charta für MigrantInnen. Eine andere Welt ist möglich. Ich freue mich auf ergebnisreiche Tage hier in Dakar. Die Aufbruchstimmung für eine andere Welt ist da!

*) Margareta Kiener Nellen ist SP-Nationalrätin in der Schweiz. Wir übernehmen den Blogbeitrag mit freundlicher Genehmigung aus dem alliancesud-Blog aus Dakar.

>>> Fotos vom WSF 2011

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