Zehn Jahre Weltstaudammkommission
Eine Globalisierungsbaustelle der besonderen Art feiert Geburtstag: Vor zehn Jahren, am 16.11.2010, stellte Nelson Mandela in London die Ergebnisse der zweijährigen Arbeit der Weltstaudammkommission (WCD) vor. Die Kommission war gebildet worden, nachdem die Proteste gegen die negativen Folgen von Großstaudämmen immer mehr zunahmen und auch die Weltbank wegen ihrer Finanzierung von Dämmen in die Schusslinie geriet. Initiatoren waren u. a. die Weltbank und IUCN („The World Conservation Union“. Der Auftrag der Kommission bestand darin, die Wirksamkeit von Großstaudämmen im Entwicklungsprozess zu prüfen und Alternativen für die Nutzung von Wasserressourcen und zur Energiegewinnung zu begutachten sowie international annehmbare Kriterien für Planung, Bau und Betrieb von Staudämmen zu entwickeln.
In ihrem Schlussbericht (>>> Dams and Development: A New Framework for Decision-Making) benannte die WCD sieben strategische Prioritäten für den Bau von Staudämmen:
* die Gewinnung von Akzeptanz,
* eine umfassende Analyse von Alternativen,
* die Altlasten existierender Dämme zu beheben,
* Flüsse und Lebensgrundlagen zu erhalten,
* Ansprüche anzuerkennen und den Nutzen zu teilen,
* die Einhaltung von Abmachungen und
* Flüsse für Frieden, Entwicklung und Sicherheit zu teilen.
„Das Vorgehen der Kommission war bahnbrechend, da sich erstmalig Befürworter und Kritiker dieser Technologie zusammensetzten und gemeinsam Empfehlungen erstellten, wie künftig die negativen Folgen für die Projektbetroffenen vermieden können“, sagt Heffa Schücking von der NGO urgewald. Die Kommission stellte fest, dass 40 bis 80 Millionen Menschen weltweit für Großstaudämme vertrieben und zwangsumgesiedelt wurden. Sie forderte neue partizipative Verfahren und Mitspracherechte für Flußanrainer bei Entscheidungen über Talsperren, um sicher zu stellen, dass nur solche Projekte in Angriff genommen werden, die verträgliche Lösungen für Mensch und Umwelt anbieten.
Doch auch dieser Fortschritt muss immer wieder verteidigt werden. „Die Wasserkraftindustrie versucht zur Zeit verstärkt, die Standards der WCD zu unterlaufen und ein eigenes unverbindliches Protokoll als Alternative zu etablieren“, so Schücking. „Wir fordern die Bundesregierung auf, das Protokoll nicht zu unterstützen und staatliche Unterstützung wie die Vergabe von Hermesbürgschaften an die Einhaltung der WCD-Empfehlungen zu knüpfen und sich dafür auch international einzusetzen.“ Bei der Vergabe einer Hermesbürgschaft für den Ilisu-Staudamm in der Türkei hatte die Bundesregierung auf die Einhaltung von Weltbankstandards gedrängt, die Empfehlungen der WCD aber weitgehend ignoriert. Im Juli 2009 zog sie die Bürgschaften zurück, da die türkische Seite zahlreiche Auflagen nicht erfüllt hatte. „Wären die WCD-Empfehlungen als Maßstab für das Projekt herangezogen worden, wäre die Bürgschaft gar nicht erst erteilt worden, da die türkische Regierung effektive Mitspracherechte für die lokale Bevölkerung stets abgelehnt hat“, meint Heike Drillisch von „GegenStrömung“, die das Ilisu-Projekt seit über zwölf Jahren verfolgt.
Der WCD-Bericht findet sich >>> hier, eine deutsche Zusammenfassung >>> hier.
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