7. Oktober 2010

Im Schatten des drohenden Währungskriegs

Der weltwirtschaftliche Aufschwung bleibt hochgradig zerbrechlich und in seinem regionalen Verlauf extrem ungleich. Und: Die Achillesferse der Erholung ist die nach wie vor nicht behobene Instabilität des Finanzsektors mit unbereinigten Bilanzen, fehlenden Regulierungen und der Drohung neuer Schuldenkrisen. So etwa lauten die Botschaften des neuen World Economic Outlooks und des Global Financial Stability Reports, die der Internationale Währungsfonds wie in den letzten Jahren am Vorabend der IWF/Weltbank-Jahrestagung veröffentlicht hat. Angeführt wird die weltwirtschaftliche Erholung von den Schwellenländern in Asien, während die Länder der Eurozone (mit der Ausnahme Deutschlands) das Schlusslicht bilden (s. im Einzelnen die Tabelle; bitte anklicken, um zu vergrößern).


Zugleich moniert der Fonds, dass die Länder zu wenig tun, um die globalen Ungleichgewichte zu korrigieren, so dass Staaten mit hohen Defiziten, allen voran den USA, solche mit gewaltigen Überschüssen, wie China, Deutschland und Japan, gegenüber stehen. In dieser Frage ist der IWF (wie auch die Europäer) in letzter Zeit immer deutlicher auf die Linie der offenen Kritik an der chinesischen Währungspolitik übergegangen und verlangt eine deutliche Aufwertung des chinesischen Yuan gegenüber dem Dollar. Die Chinesen freilich blockieren mit ihrer Intervention in die Währungsmärkte nur einen Aufwertungstrend, gegen den sich auch andere Schwellenländer, von Südkorea über Brasilien bis Thailand heftig zur Wehr setzen (>>> Zeit für koordinierte Kapitalverkehrskontrollen), weil er ihre Exporte beeinträchtigt. Ob es klug ist, so gegen China zu Felde zu ziehen und sich die in den USA verbreitete Sichtweise zu eigen zu machen, an den eigenen wirtschaftlichen Übeln seien primär die anderen Schuld, steht allerdings auf einen anderen Blatt.

Jedenfalls scheinen die neuen Währungsturbulenzen zu dem überragenden Thema der Jahrestagung der Bretton-Woods-Zwillinge an diesem Wochenende (und auch des G20-Gipfels in Seoul im nächsten Monat) zu werden. Inzwischen warnt auch der IWF vor einem neuen Währungskrieg. Doch während die Erkenntnis um sich greift, dass es ein ernsthaftes Risiko eines „Wettlaufs zum Abgrund“ gibt, der vor allem den Welthandel – bislang der Hauptfaktor der globalen Erholung – treffen würde, gibt es im Mainstream kaum ernsthafte Vorstellungen darüber, was dagegen zu tun sei. Der IWF, der die Währungspolitik ja in seinem Namen führt, ist tatsächlich äußerst begrenzt in seinen diesbezüglichen Möglichkeiten. Ein vor der Krise ausgerufenes multilaterales Surveillance-System, um die Ungleichgewichte zurückzuführen („rebalancing“), ist kaum über das Deklarationsstadium hinauszukommen.

Zwar rief in dieser Woche auch das internationale Bankeninstitut IIF zu einer neuen globalen Währungsübereinkunft auf. Fakt ist aber, dass es in Abwesenheit eines internationalen und kooperativen Wechselkursmechanismus‘ gar keine Alternative zum unilateralen Agieren der einzelnen Länder gibt. In dieser Rechnung ist auch ein neuer Handelskrieg eingeschlossen, wie er durch ein neues Gesetz des US-Repräsentantenhauses (gegen die chinesische „Währungsmanipulation“) jetzt vorbereitet wurde. Auch wenn dies noch keine ausgemachte Sache ist – „wir sollten uns auf harte Zeiten vorbereiten“, schreibt der Chef des Genfer South Centres, Martin Khor (>>> USA-China: Am Rande eines Handelskriegs?).



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