Deutsche Rohstoffstrategie im Kreuzfeuer der Kritik
Auf dem Rohstoffkongress des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) hat Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle am 26. Oktober eine neue Rohstoffstrategie der Bundesregierung vorgestellt (>>> Wortlaut). Sie soll die Versorgung deutscher Unternehmen mit mineralischen und nicht-energetischen Rohstoffen für strategische Zukunftstechnologien sichern. Deutsche Umwelt-, Entwicklungs- und Menschenrechtsorganisationen üben allerdings deutliche Kritik an der Strategie. Sie haben Anforderungen an eine zukunftsfähige Rohstoffstrategie vorgelegt, die den Positionen der Bundesregierung teilweise diametral entgegenstehen. In dem umfänglichen Papier heißt es:
„Bisher wurde die Entwicklung der deutschen Rohstoffstrategie vom federführenden Bundeswirtschaftsministerium als ausschließliche Angelegenheit von Politik und Wirtschaft angesehen. Die Zivilgesellschaft wurde nicht beteiligt, der Prozess der Ausarbeitung der deutschen Rohstoffstrategie verlief intransparent. Deutsche Rohstoffpolitik ist aber zu wichtig, als dass sie unter Ausschluss der Öffentlichkeit formuliert werden darf. Erforderlich sind stattdessen transparente Entscheidungsprozesse, die soziale, menschenrechtliche und ökologische Interessen effektiv und gleichberechtigt berücksichtigen, bevor wichtige politische Entscheidungen getroffen werden.“
Einzelne NGO-SprecherInnen konkretisieren:
* Elisabeth Strohscheidt, Misereor: „Nach Aussagen der Bundesregierung dient die Rohstoffstrategie primär der Absicherung der Rohstoffversorgung der deutschen Wirtschaft und der Verbesserung des Marktzugangs zu Rohstoffquellen im Ausland. Die berechtigten Interessen der Menschen in den Abbauländern kommen in der Rohstoffstrategie dagegen nur am Rande zur Sprache. Soziale, ökologische und menschenrechtliche Aspekte müssen aber einen integralen Bestandteil deutscher Rohstoffpolitik bilden. Die Rohstoffversorgung der deutschen Wirtschaft darf nicht auf Kosten der Menschen und der Natur in den Abbauländern erfolgen.“
* Jens Martens, Global Policy Forum Europe: „Eine faire und ökologisch tragfähige Rohstoffstrategie muss die Senkung des Ressourcenverbrauchs, die Achtung und Schutz der Menschenrechte, die Einhaltung der internationalen Umwelt- und Sozialstandards, die zivile Konfliktprävention sowie die Eindämmung der Rohstoffspekulation zum Ziel haben. Eine Rohstoffstrategie, die diese Aspekte nicht effektiv berücksichtigt, läuft Gefahr, zur Verschärfung gewaltsamer Konflikte, zur Verletzung der Menschenrechte und zur Zerstörung der Umwelt beizutragen.“
* Barbara Unmüßig, Heinrich-Böll-Stiftung: „Die neue Rohstoffstrategie der Bundesregierung steht in krassem Widerspruch zu ihren Zielen etwa in der Klima- oder Entwicklungspolitik. Während auf der einen Seite für eine klimapolitische Trendwende gestritten und Armut bekämpft wird, verfolgt die Bundesregierung mit der Rohstoffstrategie eine Industriepolitik, die den fossilen Pfad forciert. Es fehlen Regulierungsansätze im Rohstoffsektor, die Entwicklungschancen rohstoffreicher Länder fördern. Stattdessen liegt nun eine inkohärente Strategie vor, die Menschenrechte, ökologische und soziale Kriterien missachtet.“
Auch internationale Rohstoffexperten und langjährige Projektpartner der Stiftung kritisieren das neue Konzept:
* Silas Kpanan Ayoung Siakor, Sustainable Development Institute Liberia und Gewinner des Goldman Environmental Awards 2006: „Es besteht die Gefahr, dass Deutschland im Zuge der Unterstützung deutscher Unternehmen bei der Sicherung ihres Rohstoffbedarfs schlechte Regierungsführung und die Verletzung von Menschenrechten ignoriert.“
* Samuel Nguiffo, Center for Environment and Development Kamerun und Träger des Goldman Environment Award 1999: „Deutschland setzt seine internationale Vorreiterrolle beim Klimaschutz und bei grünen Technologien aufs Spiel, wenn deutsche Unternehmen mit Investitionen im Bergbausektor Waldschutz gefährden.“
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