17. März 2017

Die G20-Finanzminister im Kasino: Scherbenhaufen in Baden-Baden

Die Finanzminister und Zentralbankchefs sind der eigentliche Kern der G20. Sie trafen sich schon, bevor die G20 angesichts der globalen Finanzkrise 2008 auf Gipfelebene gehoben wurden. Seither sind ihre Zusammenkünfte immer so etwas wie weichenstellend für die G20-Gipfel. Über Jahre hinweg gab es wichtige Beschlüsse, um Währungskriege zu verhindern, Finanzmärkte zu regulieren und Steuerschlupflöcher zu schließen. In diesem Jahr ist nichts dergleichen zu erwarten. Eher stehen die Finanzminister in Baden-Baden vor der Aufgabe, den Scherbenhaufen zusammenzukehren oder wenigstens dafür zu sorgen, dass er nicht noch größer wird.


Dabei geht es nicht nur um die Regulierung des Finanzsystems – die traditionelle Kernaufgabe der G20. Da kann Finanzminister Schäuble im Vorfeld des Treffens noch so energisch erklären: „Für uns steht daher eine konsequente und lückenlose Regulierung der Finanzmärkte weiter ganz oben auf der Agenda.“ Wirklich? Tatsächlich dürfte Baden-Baden dafür in Erinnerung bleiben, wie die Reformagenda für eine Neue Internationale Finanzarchitektur definitiv ausgebremst wurde. Doch geht es nicht nur darum, dass die neue US-Administration unter Donald Trump ein Rollback der eigenen Reformen (Stichwort: Dodd-Frank) in die Wege geleitet hat. Seit 2009, so bemerkt Barbara Unmüßig, die Ko-Vorsitzende der Heinrich-Böll-Stiftung, zutreffend, „hat die G20 eine nachhaltige Stabilisierung des globalen Finanzsystems fahrlässig verschleppt: Die Stabilität der Banken wurde nur durch massive Subventionen mit hunderten Milliarden an Steuergeldern erreicht. Die Ursachen der tiefgreifenden strukturellen Risiken des weltweiten Finanzsektors haben die G20 nicht wirklich angetastet.“

Vor einem Scherbenhaufen steht die G20 in Baden-Baden auch mit ihrem Bemühen, die Mitgliedsländer vor der Zuflucht in einen neuen Handelskrieg abzuhalten. Dem Vernehmen nach sollen die bislang üblichen Formelkompromisse gegen Protektionismus und kompetitive Währungsabwertungen inzwischen aus dem Kommuniqué gestrichen worden sein, weil die amerikanische Delegation ein Bekenntnis zum Freihandel nicht mag. Dabei wurde gerade das neue Handelserleichterungsabkommen der WTO in Kraft gesetzt – das umfangreichste Liberalisierungswerk in der Welthandelsorganisation seit ihrer Gründung. Doch inzwischen spielen die Trump-Leute die Möglichkeiten durch, wie sie möglichst effektiv einen Bogen um die multilaterale Handelsordnung machen könnten.

Statt Kampf gegen den Protektionismus heißt es heute „Stärkung der Widerstandsfähigkeit der Weltwirtschaft gegen plötzliche Krisen“. Dazu sollen in Baden-Baden „Prinzipien“ verabschiedet werden. Dies könnte ein Ansatzpunkt sein, der wieder wachsenden Gefahr von Schuldenkrisen im Süden wirkungsvoll zu begegnen, die der neue Schuldenreport von Erlassjahr.de und Misereor so eindringlich beschwört. Doch soll damit lediglich den G20-Mitgliedern „eine Orientierung für die nationalen Maßnahmen (geboten werden), die sie in ihre jährlich vorzulegenden Wachstumsstrategien aufnehmen“ (Schäuble).

Der Rest der Baden-Baden-Agenda ist schmückendes Beiwerk, so steht zu befürchten: etwa die „Compacts with Africa“, mit denen Schäuble die Bedingungen für private Investitionen in Afrika verbessern will. Oder auch der Bericht der „Task Force Climate Policy and Finance“, die die deutsche G20-Präsidentschaft dabei berät, wie die globalen Finanzflüsse künftig klimafreundlich gestaltet werden können.

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