Die G20-Finanzminister im Kasino: Scherbenhaufen in Baden-Baden
Die Finanzminister und Zentralbankchefs sind der eigentliche Kern der G20. Sie
trafen sich schon, bevor die G20 angesichts der globalen Finanzkrise 2008 auf
Gipfelebene gehoben wurden. Seither sind ihre Zusammenkünfte immer so etwas wie
weichenstellend für die G20-Gipfel. Über Jahre hinweg gab es wichtige
Beschlüsse, um Währungskriege zu verhindern, Finanzmärkte zu regulieren und
Steuerschlupflöcher zu schließen. In diesem Jahr ist nichts dergleichen zu
erwarten. Eher stehen die Finanzminister in Baden-Baden vor der Aufgabe, den
Scherbenhaufen zusammenzukehren oder wenigstens dafür zu sorgen, dass er nicht
noch größer wird.
Dabei geht es nicht nur um die Regulierung des Finanzsystems
– die traditionelle Kernaufgabe der G20. Da kann Finanzminister Schäuble im
Vorfeld des Treffens noch so energisch erklären:
„Für uns steht daher eine konsequente und lückenlose Regulierung der
Finanzmärkte weiter ganz oben auf der Agenda.“ Wirklich? Tatsächlich dürfte
Baden-Baden dafür in Erinnerung bleiben, wie die Reformagenda für eine Neue
Internationale Finanzarchitektur definitiv ausgebremst wurde. Doch geht es
nicht nur darum, dass die neue US-Administration unter Donald Trump ein Rollback
der eigenen Reformen (Stichwort: Dodd-Frank) in die Wege geleitet hat. Seit 2009,
so bemerkt Barbara Unmüßig, die
Ko-Vorsitzende der Heinrich-Böll-Stiftung, zutreffend, „hat die G20 eine
nachhaltige Stabilisierung des globalen Finanzsystems fahrlässig verschleppt:
Die Stabilität der Banken wurde nur durch massive Subventionen mit hunderten
Milliarden an Steuergeldern erreicht. Die Ursachen der tiefgreifenden
strukturellen Risiken des weltweiten Finanzsektors haben die G20 nicht wirklich
angetastet.“
Vor einem Scherbenhaufen steht die G20 in Baden-Baden auch
mit ihrem Bemühen, die Mitgliedsländer vor der Zuflucht in einen neuen
Handelskrieg abzuhalten. Dem Vernehmen nach sollen die bislang üblichen
Formelkompromisse gegen Protektionismus und kompetitive Währungsabwertungen
inzwischen aus dem Kommuniqué gestrichen worden sein, weil die amerikanische
Delegation ein Bekenntnis zum Freihandel nicht mag. Dabei wurde gerade das neue
Handelserleichterungsabkommen der WTO in Kraft gesetzt – das umfangreichste
Liberalisierungswerk in der Welthandelsorganisation seit ihrer Gründung. Doch
inzwischen spielen die Trump-Leute die Möglichkeiten durch, wie sie möglichst effektiv
einen Bogen um die multilaterale Handelsordnung machen könnten.
Statt Kampf gegen den Protektionismus heißt es heute „Stärkung
der Widerstandsfähigkeit der Weltwirtschaft gegen plötzliche Krisen“. Dazu sollen
in Baden-Baden „Prinzipien“ verabschiedet werden. Dies könnte ein Ansatzpunkt
sein, der wieder wachsenden Gefahr von Schuldenkrisen im Süden wirkungsvoll zu
begegnen, die der neue Schuldenreport
von Erlassjahr.de und Misereor so eindringlich beschwört. Doch soll damit lediglich
den G20-Mitgliedern „eine Orientierung für die nationalen Maßnahmen (geboten
werden), die sie in ihre jährlich vorzulegenden Wachstumsstrategien aufnehmen“
(Schäuble).
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen