19. März 2017

Antiglobalisierungs-Stimmung im Spa-Paradies

Glücklicher könnte er nicht sein
Wenn es noch eines weiteren Belegs bedurft hätte, das Treffen der G20-Finanzminister und Notenbankgouverneure hat ihn erbracht: Der Backlash gegen die Globalisierung erfolgt nicht durch ein paar linke Demonstranten außerhalb des Kurhauses, sondern von rechts, gleichsam aus dem ‚Herzen der Bestie‘ (Che Guevara). Das offizielle Kommuniqué reflektiert als erstes unter den G20-Dokumenten, dass die neue Antiglobalisierungsstimmung aus Washington jetzt auch in der Gruppe der 20 wichtigsten Ökonomien angekommen ist. Das übliche G20-Versprechen, „allen Formen des Protektionismus zu widerstehen“, hat der neue US-Finanzminister Steven Mnuchin verhindert, ebenso wie jede substantielle Erklärung zu Umweltpolitik und Klimaschutz. Stattdessen heißt es jetzt: „Wir arbeiten an der Stärkung des Beitrags des Handels zu unseren Ökonomien. Wir werden nach der Reduzierung exzessiver globaler Ungleichgewichte streben, mehr Inklusivität und Fairness fördern und Ungleichheit bei unserer Verfolgung von wirtschaftlichem Wachstum reduzieren.“

Das ist nicht nur eine Verwässerung der bislang üblichen Freihandelsrhetorik, die sehr wohl die Zuflucht zu protektionistischen Maßnahmen gestattete, wenn es die Interessenlage erforderte. Während der zweite Satz seit längerem zum G20-Sprech gehört (Kritik der globalen Ungleichgewichte, ohne die größten Sünder namentlich zu nennen), ist der erste Satz schon ein deutliches Zugeständnis an die US-Regierung. Wenn der Handel nur noch nach seinem Beitrag zur eigenen Ökonomie gemessen wird, dann passt das sehr gut zur America-First-Politik Donald Trumps. Kein Wunder, dass Mnuchin nach dem Treffen jubilierte: „Wir könnten nicht glücklicher sein mit dem Ergebnis – wir hatten Konsens in der Gruppe.“

Wenn dieses Finanzministertreffen die Weichen für den G20-Gipfel im Juli gestellt haben sollte, dann verheißt dies nichts Gutes für die deutsche G20-Präsidentschaft. Viele beklagen jetzt, die G20 hätten die jeweiligen Lieblingsthemen ignoriert – seien es die drohenden Schuldenkrisen im Süden oder die Schärfung der Finanzmarktreformen zur Stärkung des Gemeinwohls. Andere fordern vom Rest der G20 und nicht zuletzt von der deutschen G20-Präsidentschaft, schleunigst eine Strategie zu entwickeln, um die bisherigen Errungenschaften der G20 angesichts der Wirklichkeitsverweigerung in Washington nicht vollends zur Makulatur werden zu lassen. Die Frage ist nur, wie eine solche Strategie aussehen kann. In immer weiteren Konzessionen und Appeasement gegenüber den neuen Washingtoner Machthabern kann sie sicher nicht liegen. Auf eine Kehrtwende und friedvolle Überzeugungsarbeit gegenüber Washington zu setzen, wäre ebenso illusionär. Wie wäre es daher mit einer „G20-minus-1-Strategie“, die die US-Unilateralisten im Regen stehen lässt, während die große Karawane weiterzieht? Ein wenig Hirnschmalz auf diese Frage zu verwenden, wäre vielleicht keine vergebliche Anstrengung.

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