11. Oktober 2016

Weltbank-Chef Kim: Zweifelhafter Kapitalhunger

Dass es dem neuen und alten Präsidenten der Weltbank, Jim Yong Kim, an Chuzpe mangelt, lässt sich nun wirklich nicht sagen. Kaum war Kim ohne Gegenkandidaten für weitere fünf Jahre im Amt bestätigt worden, trat er mit der Bitte um eine Kapitalerhöhung vor die Delegierten der Jahrestagung von IWF und Weltbank. Dabei trug das „Auswahlverfahren“ für den Weltbank-Präsidenten erneut alle Anzeichen eines Hinterzimmer-Deals und war alles andere als offen und qualifikationsbasiert, wie das regelmäßige Versprechen der stärksten Anteilseigner der Bank für die Besetzung der Führungsposition lautet – nur halt beim nächsten Mal erst solle so verfahren werden. Diesmal war der Vorgang nicht nur geheimnisumwittert wie eh und je; die Bewerbungsfrist für das Amt wurde auf ein paar Wochen verkürzt, das Verfahren selbst radikal vorgezogen, obwohl noch acht Monate bis zum Auslaufen der Amtszeit Kims Zeit gewesen wäre. Kein Wunder, dass sich diesmal nicht ein einziger Gegenkandidat fand, der bereit gewesen wäre, das Feigenblatt für das Auswahlmonopol der USA abzugeben.


Im Moment ist die Bank dabei, 75 Mrd. US-Dollar für ihre Soft-loan-Filiale IDA zu sammeln, die besonders subventionierte Kredite an Niedriglohnländer vergibt. Die Debatte über die eigentliche Kapitalerhöhung steht für nächstes Jahr an. Kim begründet den zusätzlichen Finanzierungsbedarf damit, dass immer neue Bedürfnisse an die Weltbank herangetragen werden. Ironischerweise hat er in seiner ersten Amtszeit versucht, drastische Kostensenkungen durchzusetzen, was ihm nur teilweise gelungen ist. Dafür ist der Ärger unter den Bankbeschäftigten – durch die dauernden Umbesetzungen und auch Entlassungen – derzeit so groß wie noch nie. Erst kürzlich hat die Mitarbeitervereinigung der Bank ihrem Präsidenten eine Führungskrise attestiert (>>> W&E 07-08/2016). Die auf die Vetoposition der USA und das Stillhalten der anderen Weltbank-Mitglieder gestützte Machtposition Kims focht das jedoch nicht an.

Geht es nach den Empfehlungen einer vom ehemaligen US-Finanzminister Larry Summers, dem indischen Ökonomen Montek Singh Ahluwalia und dem Ex-Finanzminister Chiles Andrés Velasco geleiteten Kommission, so soll der Kapitalhunger Kims vor allem im Infrastrukturbereich befriedigt werden. Hier sollen die Investitionen der Weltbank und ihrer Schwesterinstitutionen in den Regionen von derzeit 50 auf 200 Mrd. Dollar vervierfacht werden – nicht zuletzt um das Gegengewicht gegenüber den neuen Entwicklungsbanken des Südens, wie der BRICS-Bank und der Asiatischen Infrastruktur-Investitionsbank (AIIB) zu stärken. Eigenartig ist nur, dass Summers und seine Kollegen meinen, in der Vergangenheit sei zu viel über Governance- und Demokratieprobleme der Bank geredet worden und zu wenig über ihren Beitrag zur Problemlösung, z.B. bei der Bereitstellung globaler öffentlicher Güter oder zum Klimaschutz. Die Gegeneinanderstellung der beiden Problemebenen dürfte allerdings wenig zur Wiederherstellung der Legitimität der Weltbank beitragen.

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