23. September 2015

Agenda 2030: UN-Unterfinanzierung und private Unterwanderung

Mehr als 100 Staats- und Regierungschefs werden sich dieses Wochenende in New York treffen, um die 2030-Agenda für nachhaltige Entwicklung und die neuen globalen Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) zu verabschieden. Diese Agenda soll die Vereinten Nationen „fit for purpose“, fit für die SDGs und das 21. Jahrhundert machen. Eine neue Studie des Global Policy Forum, Fit for whose purpose? Private funding and corporate influence in the United Nations, warnt jedoch davor, dass die Vereinten Nationen nicht fit für die neue Agenda sind. Sie laufen vielmehr Gefahr, in eine neue Ära des selektiven Multilateralismus zu geraten, die gekennzeichnet ist von einer dramatischen Unterfinanzierung globaler öffentlicher Güter und einem wachsenden Einfluss privater Wirtschaftsinteressen in den Vereinten Nationen.


Ausdruck dieser Tendenzen ist die prekäre Finanzsituation der Vereinten Nationen und ihrer Sonderorganisationen, etwa die wachsende Kluft zwischen dem Ausmaß der globalen Probleme und den (finanziellen) Lösungskapazitäten der UN, der wachsende Anteil an freiwilligen bzw. zweckgebundenen Finanzbeiträgen am Budget vieler UN-Programme, die verstärkte Hinwendung zu Kooperationsprojekten mit der Privatwirtschaft und die zunehmende Auslagerung der Entscheidungsfindung in exklusive globale Partnerschaften.
„Die Fonds, Programme und Sonderorganisationen der Vereinten Nationen verfügen für all ihre weltweiten Aufgaben insgesamt über rund 40 Mrd. US-Dollar pro Jahr. Während das eine große Summe zu sein scheint, ist sie tatsächlich wesentlich kleiner als das Budget der Stadt New York, weniger als ein Viertel des Budgets der Europäischen Union und nur 2,3 Prozent der weltweiten Militärausgaben“, sagt Jens Martens, Ko-Autor der Studie.

Während die Weltbank von der Weltgemeinschaft fordert, nicht ‚Milliarden‘ sondern ‚Billionen‘ zur Finanzierung der Ziele nachhaltiger Entwicklung bereitzustellen, müssen sich die Entwicklungsfonds der Vereinten Nationen weiterhin mit ‚Millionen‘ zufrieden geben. „Die Mitgliedsstaaten haben es bisher versäumt, die Vereinten Nationen mit verlässlichen finanziellen Mitteln auszustatten“, erklärt Barbara Adams, Mitautorin der Studie. „Ohne diese Mittel können sie aber nicht das Mandat erfüllen, das ihnen von eben diesen Mitgliedsstaaten gegeben wurde. Viele Mitgliedsstaaten, besonders die großen Geber, verfolgen eine zweigleisige Strategie: Auf der einen Seite rufen sie zu größerer Kohärenz der UN-Entwicklungsaktivitäten auf, auf der anderen Seite stellen sie zunehmend zweckgebundene Mittel für ihnen genehme Einzelprojekte bereit. Dies führt zu größerer Fragmentierung und erhöht den Koordinationsbedarf. Außerdem hat dieses ‚Rosinenpicken‘ der Regierungen zusammen mit der unzureichenden öffentlichen Finanzierung der UN dem Unternehmenssektor Raum für größeres Engagement eröffnet. Im Glauben daran, dass die Einbeziehung der wirtschaftlich Mächtigen die Finanzen stärkt und die Relevanz der UN erhöht, fördert die UN zunehmend marktorientierte Ansätze und Partnerschaften mit der Wirtschaft. Das kann jedoch dazu führen, dass sich die Weltorganisation immer mehr an den Interessen und Lösungskonzepten der Mächtigen orientiert, anstatt die Schwachen zu schützen.“

Die neue Studie gibt einen umfassenden Überblick über die aktuellen Finanzierungstrends in den Vereinten Nationen und die Rolle, die private Akteure dabei spielen. Außerdem formuliert sie politische Handlungsempfehlungen, um die Finanznot der Vereinten Nationen und den Trend zur privaten Finanzierung globaler öffentlicher Aufgaben zu überwinden. Nur so können die Vereinten Nationen den beiden Autoren zufolge wirklich „fit for purpose“, fit für die SDGs und eine demokratische und inklusive Global Governance gemacht werden. Die vorgeschlagenen Maßnahmen reichen von einer Begrenzung des Anteils zweckgebundener Mittel an der Gesamtfinanzierung von Fonds und Programmen der UN bis hin zu strikteren Regeln für die Zusammenarbeit mit der Wirtschaft.

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