Agenda 2030: UN-Unterfinanzierung und private Unterwanderung
Mehr als 100 Staats-
und Regierungschefs werden sich dieses Wochenende in New York treffen, um die
2030-Agenda für nachhaltige Entwicklung und die neuen globalen Ziele für
nachhaltige Entwicklung (SDGs) zu verabschieden. Diese Agenda soll die Vereinten
Nationen „fit for purpose“, fit für die SDGs und das 21. Jahrhundert machen. Eine neue Studie des Global Policy Forum, Fit for
whose purpose? Private funding and corporate influence in the United Nations, warnt
jedoch davor, dass die Vereinten Nationen nicht fit für die neue Agenda sind.
Sie laufen vielmehr Gefahr, in eine neue Ära des selektiven Multilateralismus
zu geraten, die gekennzeichnet ist von einer dramatischen Unterfinanzierung
globaler öffentlicher Güter und einem wachsenden Einfluss privater
Wirtschaftsinteressen in den Vereinten Nationen.
Ausdruck
dieser Tendenzen ist die prekäre Finanzsituation der Vereinten Nationen und
ihrer Sonderorganisationen, etwa die wachsende Kluft zwischen dem Ausmaß der
globalen Probleme und den (finanziellen) Lösungskapazitäten der UN, der
wachsende Anteil an freiwilligen bzw. zweckgebundenen Finanzbeiträgen am Budget
vieler UN-Programme, die verstärkte Hinwendung zu Kooperationsprojekten mit der
Privatwirtschaft und die zunehmende Auslagerung der Entscheidungsfindung in
exklusive globale Partnerschaften.
„Die
Fonds, Programme und Sonderorganisationen der Vereinten Nationen verfügen für
all ihre weltweiten Aufgaben insgesamt über rund 40 Mrd. US-Dollar pro Jahr.
Während das eine große Summe zu sein scheint, ist sie tatsächlich wesentlich
kleiner als das Budget der Stadt New York, weniger als ein Viertel des Budgets
der Europäischen Union und nur 2,3 Prozent der weltweiten Militärausgaben“,
sagt Jens Martens, Ko-Autor der Studie.
Während
die Weltbank von der Weltgemeinschaft fordert, nicht ‚Milliarden‘ sondern
‚Billionen‘ zur Finanzierung der Ziele nachhaltiger Entwicklung
bereitzustellen, müssen sich die Entwicklungsfonds der Vereinten Nationen
weiterhin mit ‚Millionen‘ zufrieden geben. „Die Mitgliedsstaaten haben es
bisher versäumt, die Vereinten Nationen mit verlässlichen finanziellen Mitteln
auszustatten“, erklärt Barbara Adams, Mitautorin der Studie. „Ohne diese Mittel
können sie aber nicht das Mandat erfüllen, das ihnen von eben diesen
Mitgliedsstaaten gegeben wurde. Viele Mitgliedsstaaten, besonders die großen
Geber, verfolgen eine zweigleisige Strategie: Auf der einen Seite rufen sie zu
größerer Kohärenz der UN-Entwicklungsaktivitäten auf, auf der anderen Seite
stellen sie zunehmend zweckgebundene Mittel für ihnen genehme Einzelprojekte
bereit. Dies führt zu größerer Fragmentierung und erhöht den Koordinationsbedarf.
Außerdem hat dieses ‚Rosinenpicken‘ der Regierungen zusammen mit der
unzureichenden öffentlichen Finanzierung der UN dem Unternehmenssektor Raum für
größeres Engagement eröffnet. Im Glauben daran, dass die Einbeziehung der
wirtschaftlich Mächtigen die Finanzen stärkt und die Relevanz der UN erhöht,
fördert die UN zunehmend marktorientierte Ansätze und Partnerschaften mit der
Wirtschaft. Das kann jedoch dazu führen, dass sich die Weltorganisation immer
mehr an den Interessen und Lösungskonzepten der Mächtigen orientiert, anstatt
die Schwachen zu schützen.“
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