23. Januar 2015

WEF 2015: Europa und QE als Top-Story

Mit der Entscheidung der Europäischen Zentralbank zur Einführung einer gelockerten Geldpolitik („QE: Quantitative Easing“) hat auch das diesjährige WEF sein Top-Thema gefunden. Gestern Morgen noch gab es ein Auftaktforum unter dem Motto „Ending the Experiment“, das eigentlich der Normalisierung der Geldpolitik in den USA gewidmet sein sollte. Doch die Diskussion wandte sich schon nach fünf Minuten dem Beginn des QE-Experiments in Europa zu. Da war noch nicht bekannt, dass die EZB mit ihrer Entscheidung, monatlich 60 Mrd. € zum Aufkauf privater und öffentlicher Anleihen auszugeben, alle Erwartungen übertreffen würde. Nicht verwunderlich, dass die zumeist amerikanischen Teilnehmer allesamt für QE plädierten, verbunden mit dem Hinweis, dass das notwendig, wenn auch nicht ausreichend sei, während bei vielen Europäern Skepsis bis Feindschaft vorherrschte.

Tatsächlich ist zu kaum einem Thema von Kritikern so viel Unsinn vorgetragen worden wie zu QE. Da wird behauptet, ein monetärer Stimulus sei wirkungslos in einer Welt der niedrigen Zinsen und zurückhaltender Banken, QE würde zu einer Inflationsspirale führen oder der Anleihekauf würde die Märkte verzerren und den Druck zu Strukturreformen lockern. Keines dieser Argumente ist überzeugend, und zusammengenommen sind sie inkohärent. QE soll ja gerade die Zurückhaltung der Banken bei der Kreditvergabe aufbrechen und Europa vor einer längeren Deflationsperiode bewahren. Und Strukturreformen alleine – welcher Art auch immer – werden keine konjunkturpolitischen Probleme lösen.


An einem Argument der Kritiker ist allerdings was dran: Mit QE versucht die EZB wieder einmal, Zeit zu kaufen bzw. für die Untätigkeit der PolitikerInnen in die Bresche zu sprechen. Doch dieser Einwand wendet sich umgehend gegen die Politik selbst. Es ist nicht die Schuld der Zentralbank, wenn in Europa unter deutscher Dominanz kaum einer mehr was von fiskalischer Stimulierung wissen will, wie der amerikanische Ex-Finanzstaatssekretär Larry Summers in besagter Debatte schmerzhaft spüren musste. Es ist auch nicht die Aufgabe der Zentralbank, den Reformdruck zu erhöhen, zumal das ubiquitäre Plädoyer für „strukturelle Reformen“ (wohlwollend formuliert) nicht einmal in der Lage ist, zwischen Austeritätspolitik und Reformen zu differenzieren.

Es wäre aber höchste Zeit anzuerkennen, dass Kritik an Austerität, Flexibilisierung und Deregulierung und Reformfeindlichkeit nicht dasselbe sind. Das beste Beispiel hierfür ist Syriza, die ihren Kampf gegen die griechische Austeritätspolitik mit einem konkreten Aktionsprogramm gegen die nach wie vor grassierende Korruption und die Ineffizienz der Steuererhebung verknüpft. – Jenseits der QE-Kritiker gibt es übrigens eine breite Skala von QE-Befürwortern; sie reicht vom Syriza-Spitzenkandidaten AlexisTsipras, der das QE-Programm für „lange überfällig“ hält, bis zur Direktorin des IWF, Christine Lagarde, die es unterstützt, weil es dazu beiträgt, die Kreditkosten in der Eurozone zu senken und das Risiko einer hartnäckigen Phase der Deflation zu reduzieren. Wie Ernst ihm dies ist, unterstrich EZB-Chef Mario Draghi gestern mit der Bemerkung, QE ist Europa werde so lange fortgesetzt, bis eine „anhaltende Anpassung“ der Inflationsrate an das EZB-Ziel von knapp 2% zu verzeichnen sei.

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