WEF 2015: Europa und QE als Top-Story
Mit der Entscheidung der
Europäischen Zentralbank zur Einführung einer gelockerten Geldpolitik („QE:
Quantitative Easing“) hat auch das diesjährige WEF sein Top-Thema gefunden.
Gestern Morgen noch gab es ein Auftaktforum unter dem Motto „Ending the Experiment“,
das eigentlich der Normalisierung der Geldpolitik in den USA gewidmet sein
sollte. Doch die Diskussion wandte sich schon nach fünf Minuten dem Beginn des
QE-Experiments in Europa zu. Da war noch nicht bekannt, dass die EZB mit ihrer
Entscheidung, monatlich 60 Mrd. € zum Aufkauf privater und öffentlicher
Anleihen auszugeben, alle Erwartungen übertreffen würde. Nicht verwunderlich,
dass die zumeist amerikanischen Teilnehmer allesamt für QE plädierten,
verbunden mit dem Hinweis, dass das notwendig, wenn auch nicht ausreichend sei,
während bei vielen Europäern Skepsis bis Feindschaft vorherrschte.
Tatsächlich
ist zu kaum einem Thema von Kritikern so viel Unsinn vorgetragen worden wie zu
QE. Da wird behauptet, ein monetärer Stimulus sei wirkungslos in einer Welt der
niedrigen Zinsen und zurückhaltender Banken, QE würde zu einer
Inflationsspirale führen oder der Anleihekauf würde die Märkte verzerren und
den Druck zu Strukturreformen lockern. Keines dieser Argumente ist überzeugend,
und zusammengenommen sind sie inkohärent. QE soll ja gerade die Zurückhaltung
der Banken bei der Kreditvergabe aufbrechen und Europa vor einer längeren Deflationsperiode
bewahren. Und Strukturreformen alleine – welcher Art auch immer – werden keine
konjunkturpolitischen Probleme lösen.
An
einem Argument der Kritiker ist allerdings was dran: Mit QE versucht die EZB
wieder einmal, Zeit zu kaufen bzw. für die Untätigkeit der PolitikerInnen in
die Bresche zu sprechen. Doch dieser Einwand wendet sich umgehend gegen die
Politik selbst. Es ist nicht die Schuld der Zentralbank, wenn in Europa unter
deutscher Dominanz kaum einer mehr was von fiskalischer Stimulierung wissen
will, wie der amerikanische Ex-Finanzstaatssekretär Larry Summers in besagter
Debatte schmerzhaft spüren musste. Es ist auch nicht die Aufgabe der
Zentralbank, den Reformdruck zu erhöhen, zumal das ubiquitäre Plädoyer für „strukturelle
Reformen“ (wohlwollend formuliert) nicht einmal in der Lage ist, zwischen
Austeritätspolitik und Reformen zu differenzieren.
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