Griechenland: Keine Angst vor dem Schuldenschnitt!
Das linke griechische
Oppositionsbündnis Syriza gilt einem Großteil der etablierten Presse als so
etwas wie die Ausgeburt des Populismus. Angeführt wird dabei immer wieder die
Forderung der Partei nach einer Neuverhandlung des Bail-out-Pakets und einem
neuen Schuldenschnitt für das von der Eurokrise gebeutelte Land. Doch die
Erlassjahr-Bewegung in Deutschland und anderen westlichen Ländern argumentiert
ganz ähnlich: „Die Schuldenreduzierung, die Griechenland 2012 von seinen
privaten Gläubigern erhielt, kam zu spät und in viel zu geringem Umfang. Zwei
Jahre später ist das Land stärker verschuldet als je zuvor“, so Jürgen Kaiser
von erlassjahr.de, „Faire und unparteiisch
geleitete Verhandlungen sind der einzige Weg aus dem Teufelskreis von
unzulänglichen Entlastungen und neuer Kreditaufnahme herauszukommen.“
Nach
Informationen der Financial Times beläuft sich die griechische Gesamtverschuldung
derzeit auf 317 Mrd. € - das entspricht 177% des griechischen
Bruttoinlandsprodukts (BIP), was die meisten Ökonomen für nicht tragfähig
halten. Rund die Hälfte der dem Land unter dem Bail-out-Programm der Troika aus
EU-Kommission, Europäischer Zentralbank und IWF gewährten Neukredite fließt
direkt weiter in den Schuldendienst, um die privaten und öffentlichen Gläubiger
zu bedienen. Um diesem Kreislauf aus ständiger Neuverschuldung und
Krisenverstetigung zu entkommen, will Syriza nach einem Sieg bei den Wahlen am
25. Januar Neuverhandlungen mit den Gläubigern Griechenlands aufnehmen.
Anstrebt wird ein neuer Schuldenschnitt, bei dem 30-50% der griechischen
Schulden erlassen werden. Vorbild soll den Syriza-Ökonomen zufolge das Londoner
Schuldenabkommen von 1953 sein, in dem der Erlass der Hälfte der deutschen
Auslandsschulden bei mehr als 20 Gläubigerstaaten geregelt wurde, darunter bei
Griechenland.
Erlassjahr.de
hat jetzt in einer Fachinformation Eine „deutsche Lösung“ für Griechenland? die Praktikabilität einer solchen Regelung
erläutert. 1953 war danach weniger die Höhe des (beträchtlichen) Schuldenerlasses
von Bedeutung als vielmehr die qualitativen Elemente des Abkommens, wie die
Regelung aller Schulden in einem einzigen Verfahren und die Verhandlung auf
gleicher Augenhöhe. Die Rückzahlung von Schulden sollte zudem nur aus
Handelsbilanzüberschüssen erfolgen. Im Fall von Zahlungsschwierigkeiten sah das
Abkommen die Möglichkeit vor, ein Schiedsgericht anzurufen. Gegenüber dem
Argument des mangelnden Realismus solcher Forderungen gibt erlassjahr.de zu
bedenken, dass Griechenland nicht nur Bittsteller ist, sondern auch die Gläubiger
im Falle einer ungeordneten Staatspleite einiges zu verlieren hätten. Hinzu
kommt: Ein von den Entwicklungs- und Schwellenländern im letzten Jahr in der
Vollversammlung der Vereinten Nationen angestoßener Prozess könnte Griechenland
Rückenwind geben. Dieser sieht die Schaffung eines geordneten Verfahrens zur
Bewältigung von Staatsschuldenkrisen vor. Griechenland könnte das erste Land
sein, das von einer solchen Möglichkeit profitiert. Keine Angst also vor einem
erneuten Schuldenschnitt für Griechenland!
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