Finanztransaktionssteuer scheibchenweise oder gar nicht?
In Brüssel haben
gestern zehn EU-Finanzminister eine Erklärung zum Verhandlungsstand in Sachen Finanztransaktionssteuer
(FTT) herausgegeben, nach der die Steuer im Rahmen der Vertieften
Zusammenarbeit spätestens ab 2016 eingeführt werden soll, und zwar zunächst in
einer „ersten Phase“, die sich „auf Aktien und einige Derivate konzentrieren“
soll. Slowenien, das ursprünglich zu der Gruppe der elf Pro-FTT-Euroländer
gehörte, lehnte die Unterzeichnung der Erklärung ab. Das Ganze ist ein mehr als
mageres Ergebnis von jetzt über einjährigen Verhandlungen, das weit hinter den
ursprünglichen Entwurf der Kommission zurück fällt.
Unklar
sind nicht nur viele Details, wie die Steuer angewendet und welche Derivate
erfasst werden sollen, sondern auch die Zukunft der FTT überhaupt. Es könnte
gut sein, dass die Finanzminister nur deshalb von einer ersten Etappe der
FTT-Einführung reden, um angesichts der Ankündigungen in der Vergangenheit das
Gesicht zu wahren, es aber in Wirklichkeit gar keine zweite oder dritte Etappe
der Umsetzung geben wird.
Dass
die Zukunft der FTT in Wirklichkeit in den Sternen steht, hat ihre notorischen Gegner
wie die britische oder schwedische Regierung freilich nicht davon abgehalten,
sogleich wieder lautstark den erneuten Gang zum Europäischen Gerichtshof anzudrohen.
Auch wenn das jetzt Angekündigte höchstens ein minimaler Anfang der FTT ist,
fürchten ihre Gegner immer noch das im Kommissionsvorschlag enthaltene Prinzip
der Extraterritorialität, wonach die Steuer auch auf Gewinne außerhalb der
FTT-Zone erhoben werden könnte, wenn die Urheber des Geschäfts in der Zone
ihren Sitz haben. Unkontrollierbare Unwägbarkeiten werden auch von dem erstmals
praktizierten Verfahren der Vertieften Zusammenarbeit befürchtet.
In
Großbritannien werden daher schon Stimmen laut, die konservative
Cameron-Regierung sollte dem Projekt am Ende doch noch beitreten. Erstens – so argumentiert
Alex Baker in der Financial Times –
sei die geplante FTT mit 0,1% inzwischen so niedrig, dass ihre Einführung den
Akteuren der City of London (wo auf Aktienverkäufe eine „Stamp Tax“ von 0,5%
erhoben wird) eine kräftige Steuersenkung bescheren würde. Und zweitens hätte
London auf diese Weise einen Fuß in der Tür und müsste nicht wiederholt in Kauf
nehmen, dass die EU im Notfall auch ohne die britischen Quertreiber agiert. Und
dann könnte es losgehen: die FTT erst scheibchenweise und dann gar nicht mehr!
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