Anhaltende Krisenstimmung bei IWF-Tagung in Washington
Die
Weltwirtschaft tritt auf der Stelle. Nach den Prognosen des neuesten World Economic Outlook des IWF wird sie
in diesem Jahr nicht schneller wachsen als im letzten Jahr (3,25%) und im
nächsten Jahr nicht mehr als 2011 (4%). Insgesamt sieht der IWF eine Erholung
der Weltwirtschaft in drei Geschwindigkeiten – mit guten 5% in den Schwellen-
und Entwicklungsländern, mittelmäßigen knapp 2% in den Vereinigten Staaten und
einer anhaltenden Rezession in der Eurozone. Während der IWF einen „steinigen
Weg“ der Erholung sieht, sprachen die Financial Times und die Brookings
Institution bei der Vorstellung ihres TIGER-Indexes,
der die weltwirtschaftliche Dynamik messen soll, von einer Erholung, die
unterhalb einer wirklichen Take-off-Geschwindigkeit bleibt.
Der
IWF spricht im Zusammenhang mit seinen wenig beeindruckenden Frühjahrszahlen
jetzt im dritten Jahr hintereinander davon, dass es im zweiten Halbjahr zu
einer spürbaren Belebung der Wirtschaftsaktivität kommen wird. Doch niemand
weiß so recht, warum er diesmal Recht behalten sollte. Kaum einer glaubt an den
von der IWF-Chefin Christine Lagarde heute beschworenen Übergang von der
Erholung der drei Geschwindigkeiten zur „Full speed recovery“, wenn die Rede
von der Erholung in diesem Zusammenhang überhaupt gerechtfertigt ist.
Umso
erstaunlicher ist, dass es auf der Ebene der Politikempfehlungen kaum etwas
Neues aus Washington zu berichten gibt, wo morgen die Frühjahrstagung der
Bretton-Woods-Zwillinge offiziell beginnt. Im Gegenteil: Das Festhalten an der
sog. fiskalischen Konsolidierung, von vielen als rezessionstreibende
Austeritätspolitik kritisiert, ist fast schon stoisch zu nennen. Nur die
üblichen „Verdächtigen“ tanzen mit Aufrufen zu entschlossenem Handeln aus der
Reihe. So haben gestern mit Heiner Flassbeck, Paul Davidson, James K.
Galbraith, Richard Koo und Jayati Gosh fünf prominente Kritiker ein „globales
Manifest zur Rettung der Wirtschaft“ vorgelegt. Das Buch könnte ein Weckruf
sein, wären die Denkstrukturen in der herrschenden Mainstream-Ökonomie nicht so
verkrustet.
Das
Manifest, das in einem neuen Buch zusammen mit Aufsätzen zur Spar-, Finanz- und
Arbeitsmarktpolitik sowie zur Perspektive der Entwicklungsländern erschienen
ist, eröffnet mit den dramatischen Worten: „Handelt jetzt! Ergreift Maßnahmen
zur Belebung der Weltkonjunktur. Der Neoliberalismus ist gescheitert.
Verhindert den Rückfall in Nationalismus und Kampf der Nationen. Eine
ernsthafte internationale Kooperation und eine sofortige Beendigung der
Austeritätspolitik sind das Gebot der Stunde.“ Auf der Washingtoner
Frühjahrstagung dürfte es jedoch kaum Anstöße für eine solche Kehrtwende geben.
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