Wer wird neuer Chef der Weltbank?
Eigenartig ruhig geworden ist es um die Frage, wer Nachfolger des ausscheidenden Robert Zoellick an der Spitze der Weltbank wird. Nach dessen Ankündigung, für keine zweite Amtsperiode zur Verfügung zu stehen, hat die US-Administration schnell klar gemacht, dass sie den Posten erneut mit einem Amerikaner zu besetzen gedenkt, transparentes und qualifikationsbestimmtes Auswahlverfahren hin oder her. Finanzminister Timothy Geitner kündigte an, in den nächsten Wochen einen geeigneten Kandidaten benennen zu wollen. Das Washingtoner Festhalten an dem archaischen Brauch, das Auswahlmonopol über die Weltbank-Führung auszuüben, war so abschreckend, dass es bis heute kein einziger Kandidat aus dem Süden gewagt hat, seinen Hut in den Ring zu werfen. Und dies, obwohl auch diesmal mehrere Schwellenländer wie bei der Suche nach einem Kandidaten für den IWF-Chefposten im letzten Sommer mehr Mitsprache angemahnt haben.
Nur eine kleine Gruppe von bis dato sieben Entwicklungsländern, darunter Malaysia und Kenia, hat sich entschlossen, die Herausforderung anzunehmen und einen eigenen Kandidaten zu nominieren. Ironischerweise handelt es sich dabei aber nicht um einen der Ihren, sondern wieder um einen Amerikaner, jedoch um einen, der sich vom Saulus zum Paulus gewandelt hat: Jeffrey D. Sachs, der Anfang der 1990er Jahre am brachialen Umbau vom Kommunismus zum Kapitalismus in Osteuropa beteiligt war, aber heute als Chef des Earth Institute und Berater des UN-Generalsekretärs einer der entschiedensten Verfechter der Millennium-Entwicklungsziele ist und für die Konzentration einer kräftig aufgestockten Entwicklungshilfe auf ländliche und soziale Sektoren eintritt. Von Sachs stammt mit die bissigste Kritik an so manchen Praktiken, die die Weltbank im Zeichen der Strukturanpassungspolitik einführte – etwa am Unsinn, von den Ärmsten Nutzungsgebühren für soziale Grunddienste und Grundbildung zu fordern (>>> Jeffrey Sachs als Weltbank-Präsident? Ein Reformkandidat).
Dennoch stehen die Zeichen schlecht für Jeffrey Sachs‘ Kandidatur. Denn die Obama-Administration scheint fest entschlossen, eine Person ihres Vertrauens an die Spitze der Bank zu hieven. Neben Hillary Clinton (die bereits abgewunken hat) werden Susan Rice (die US-Botschafterin bei der UNO), Lael Brainard (ein Top-Beamter des US-Finanzministerium), Indra Nooyi (Pepsi Cola) und Laura Tyson (ehemalige Beraterin von Präsident Clinton) gehandelt. Als aussichtsreichster Kandidat gilt freilich Larry Summers, der bereits Top-Berater von Obama, Finanzminister und auch Chefökonom der Weltbank war und sein Interesse an dem Job angemeldet hat. Der Kandidat hat allerdings gravierende Schönheitsfehler: Er gilt als notorischer Zyniker und rückte nur zögerlich vom neoliberalen Mainstream der letzten drei Jahrzehnte ab. Bis heute hängt ihm ein Anfang der 90er Jahre verfasstes Memorandum an, in dem er die Entwicklungsländer als „unterverschmutzt“ bezeichnete. Und als Präsident der Harvard University gab er zum Besten, dass Frauen in den Natur- und Ingenieurwissenschaften fehl am Platze, weil auf diesen Gebieten minderbemittelt, seien.
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