Ein Aufruehrer als Chef der Weltbank?
In dem von ihm mit herausgegebenen Buch Dying for Growth hat der US-Kandidat für das Amt des Weltbank-Präsidenten, Jim Yong Kim schon im Jahr 2000 Dinge geschrieben, die noch vor kurzem für das ökonomische Establishment als Blasphemie galten. Er kritisierte den „Neoliberalismus“ und das konzerngesteuerte Wachstum („corarate-led growth“) und argumentierte, diese hätten den Armen in den Entwicklungsländern eine Verschlechterung der Lebensverhältnisse gebracht. Jetzt geben sich viele Ökonomen, die vielleicht gerne einmal selbst für den Job vorgeschlagen werden würden, entrüstet.
Ausgerechnet der Weltbank-Dissident und jetzige Professor an der New York University, William Easterly, gab zum Beispiel folgendes zum Besten: „Dr. Kim wäre der erste Weltbank-Präsident, der ein Wachstumsgegner ist. Sogar die schärfsten Weltbank-Kritiker wie ich denken, dass ökonomisches Wachstum das ist, was wir wollen.“ Die Financial Times schreibt in ihrer heutigen Ausgabe, Kims Buch enthalte „mehrere aufrührerische Zeilen“. Zum Beispiel in der Einleitung, die Kim mit zwei weiteren Kollegen geschrieben hat, heiße es: „Die Studien in diesem Buch präsentieren Belege, dass das Streben nach BIP-Wachstum und Konzernprofiten in der Tat die Lebensverhältnisse von Millionen Männern und Frauen verschlechtert hat.“
Doch was ist daran „aufrührerisch“, fragt zum Beispiel James Galbraith, der Sohn des großen US-Ökonomen Kenneth Galbraith, unter Dutzenden von ähnlichen Reaktionen auf den Artikel. Es ist wirklich weder aufrührerisch noch sonst irgendwie misslich, wenn wir einen Weltbank-Präsidenten bekommen, der wachstums- und konzernkritisch ist. Die viel wichtigere Frage lautet: Hält er diesen Standpunkt durch an der Spitze einer Organisation, die es bis heute nicht vermocht hat, sich aus dem ökonomischen Mainstream zu lösen und dem Neoliberalismus auf immer adé zu sagen.
Dying for Growth: Global Inequality and the Health of the Poor
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