G8 verkriechen sich
Schon der Tagungsort für das G20-Gipfeltreffen am 18./19. Juni – Los Cabos im Süden der Halbinsel Baja California – ist so gewählt, dass sich kaum ein Demonstrant dorthin verirren dürfte. Jetzt hat US-Präsident Barak Obama auch das Gipfeltreffen der führenden Industrieländer und Russlands (G8) von Chicago nach Camp David verlegt – das traditionelle Refugium der US-Präsidenten in den Bergen nördlich von Washington.
Die Verlegung des Tagungsorts mag mit der Absicht begründet werden, den alten Charakter der ungestörten Kamingespräche zwischen den selbsternannten Weltenlenkern wieder herzustellen. Doch erstaunlich ist es schon, dass Obama ausgerechnet im Wahljahr auf die Austragung eines glamourösen Gipfels in seiner politischen Heimatstadt verzichtet. Der ausschlaggebende Faktor dürfte ein anderer sein: Nachdem die Aktivisten der Occupy-Bewegung in nahezu allen US-Städten von der Polizei abgeräumt wurden, hatten sie verkündet, am 18./19. Mai, wenn der Gipfel stattfindet, zu Tausenden nach Chicago kommen zu wollen, um gegen die wachsende Jugendarbeitslosigkeit in Europa und den USA zu demonstrieren.
Weder das Thema Arbeitslosigkeit noch eine Polizeieskalation à la Seattle, die möglicherweise zu erwarten gewesen wäre, ist etwas, das der US-Präsident derzeit gebrauchen kann. Und so verzieht er sich mitsamt der ganzen G8-Truppe in das traditionell gut bewachte und abseits gelegene Camp David. Oder sollte man sagen: Die G8 verkriechen sich vor dem Volk? Dass sie dabei dem mexikanischen Arrangement für G20 folgen, macht die Sache nicht besser.
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