Ernährungssicherheit: Paradigmenwechsel in L'Aquila?
Auf Anhieb klingt es ganz gut, wenn die G8 in L’Aquila heute verkündet haben, in den nächsten drei Jahren 20 Mrd. Dollar in die Hungerbekämpfung stecken zu wollen - 5 Mrd. mehr, als ursprünglich erwartet. Dies gilt umso mehr, wenn dies von einem Paradigmenwechsel, weg von der Nahrungsmittelhilfe, hin zu verstärkten Investitionen in die heimische Landwirtschaft im Süden, begleitet werden soll. Doch was davon tatsächlich neues Geld ist oder was in bereits existierenden Budgets nur umgewidmet wird, ist wieder einmal unklar. Angesichts des dramatischen Ausmaßes der Hungerkrise halten NGOs wie Oxfam mindestens 25 Mrd. Dollar pro Jahr zusätzlich für angemessen. Schließlich ist die Zahl der weltweit hungernden Menschen allein im letzten Jahr um 100 Millionen gestiegen.
Notwendig ist es überdies, dass die G8 ihre Versprechen zur Erhöhung der Entwicklungshilfe insgesamt einhalten. Denn die zusätzlich zur Bekämpfung der Nahrungsmittelkrise erforderlichen Mittel dürfen nicht in Konkurrenz zu anderen wichtigen Bereichen, wie z.B. Bildung und Gesundheit, treten. Wie wenig dies jedoch der Fall ist, zeigt das Beispiel der deutschen Bundesregierung. Weder 2008 noch in diesem Jahr stellte diese zusätzliche Gelder für Maßnahmen gegen die Nahrungsmittelkrise bereit, sondern schichtete dafür lediglich ihren Entwicklungshilfehaushalt um. Der in L’Aquila verabschiedete Papierberg – insgesamt hat kaum ein G8-Gipfel so viele Dokumente produziert – wird daran nichts ändern.
In einer kurz vor dem G8-Gipfel veröffentlichten Studie, Paying for Poor Farmers Pays, weist Oxfam darauf hin, dass die Entwicklungshilfe für den Agrarsektor in den letzten 25 Jahren um 75% gesunken ist. Die Studie fordert eine stärkere Bekämpfung der Ursachen des weltweiten Hungers und mehr Mittel gezielt für die Förderung von Kleinbauern und Frauen sowie für agrar-ökologische Anbauverfahren (verbesserte Bodenfruchtbarkeit und verbesserter Bodenschutz, weitestgehender Verzicht auf Düngemittel und Pestizide) in den armen Ländern. Dabei soll der Unterstützung der einheimischen Lebensmittelproduktion höchste Priorität zukommen. Ob die von der G8 beschlossene L’Aquila Food Security Initiative diesem Pfad folgen oder sich am Ende gar als Förderung des globalen Agrobusiness entpuppen wird, wie Attac heute meinte, wird die Zukunft zeigen.
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