IWF/Weltbank-Tagung in Washington: Bad Governance
Erst kam Anfang
der Woche der ‘Tiger’-Index von Financial Times und Brookings mit der Diagnose,
dass sich die Weltwirtschaft in einem “synchronisierten Abschwung” befindet. Dabei
steht die Abkürzung ‚Tiger‘ eigentlich für ‚Tracking Index of global economic
recovery‘. Doch von einem globalen Wirtschaftsaufschwung kann derzeit nirgendwo
die Rede sein. Zum wiederholten Male hat der IWF in seinem jüngsten World Economic Outlook die Wachstumsprognosen
nach unten korrigiert. Verglichen mit den Prognosen vom letzten Oktober sind
die Vorhersagen rückläufig, mit der einzigen Ausnahme von China, dessen
Wachstum 2019 wieder leicht zulegen dürfte. Eine schwache Hoffnung ist es da,
wenn die IWF-Ökonomen darauf spekulieren, dass die wirtschaftliche
Stabilisierung in Emerging Economies wie der Türkei und Argentinien der
Weltwirtschaft neuen Schwung geben könnte.
Doch
der Hauptgrund der Stimmungseintrübung auf dieser Frühjahrstagung ist nicht
wirtschaftlicher, sondern politischer Natur. Er liegt in der brachialen
Machtpolitik, mit der die USA ihren Kandidaten David Malpass als Präsident der
Weltbank durchgesetzt haben, wobei kein anderer Mitgliedsstaat protestierte
oder auch nur einen Gegenkandidaten nominierte. Damit feiert jenes ‚Gentlemen’s
Agreement‘ fröhliche Urständ‘, in dem sich die Hauptindustrieländer vor 75
Jahren darauf verständigt haben, dass die Weltbank jeweils von einem
US-Amerikaner und der IWF von einem/r Europäer*in geführt wird. Bescheidene
Reformhoffnungen kamen auf, als man sich nach dem Amtsantritt von Malpass‘
Vorgänger Jim Yong Kim darauf geeinigt zu haben schien, dass Auswahlverfahren
künftig nach den Kriterien der Transparenz, der Qualifikation und Erfahrung der
Kandidaten zu gestalten.
Ein
krasseres Beispiel für ‚bad governance‘ an der Spitze einer internationalen
Institution hätte man sich kaum vorstellen können. Dabei betrifft dies nicht
nur das Procedere, wie die „Wahl“ von Malpass im Vorstand der Weltbank durchlief.
Noch im Februar hatte die Regierung des Libanon mit Ziad Hayek einen Gegenkandidaten
ins Rennen geschickt, diesen dann aber bald auf „politischen Druck“ anderer
Regierungen hin wieder zurückgezogen. Malpass hat nicht nur eine schlechte
Reputation, was wirtschaftliche Vorhersagen betrifft. In seiner Zeit bei der
inzwischen bankrotten Bear Stearns-Bank hatte er kurz vor der Finanzkrise ein
rosiges Bild gezeichnet und die Möglichkeit einer Großen Rezession
zurückgewiesen. Es wäre schwierig, sich vorzustellen, dass die Suche nach einem
qualifizierten Kandidaten mit einer Vision für die immer noch wichtigste
Entwicklungsbank der Welt zur Nominierung des bisherigen Unterstaatssekretärs
für internationale Finanzen David Malpass führen könnte, munkelten führende
Kongressabgeordnete der Demokraten.
Was
unter dem neuen Mann von der Weltbank zu erwarten ist, lässt sich schwer sagen.
Die Spekulationen reichen von einer Abkehr von der Klimapolitik über eine noch
stärkere Indienststellung der Bank für den privaten Sektor bis hin zur
Instrumentalisierung der Kreditvergabe und eine konzeptionelle Umsteuerung gegen
China. Keine dieser Perspektiven macht Lust, den in dieses Jahr fallenden 75.
Jahrestag der Bretton-Woods-Zwillinge zu feiern.
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