Bayer-Monsanto: Der eigentliche Skandal ist nicht der Gewinneinbruch
Es war schon eine kleine Sensation, als die Aktionärsversammlung
des Bayer-Konzerns dem Vorstand am letzten Freitag die Entlastung verweigerte, zum ersten Mal in
der Geschichte eines Dax-Konzerns. Anlass war der Gewinneinbruch infolge der
Übernahme des Düngemittel- und Saatgutunternehmens Monsanto. Die Verweigerung
ist zwar rechtlich ohne Folgen, denn der Aufsichtsrat sprach dem Bayer-Vorstand
sein volles Vertrauen aus. Interessant ist der Fall dennoch: Wäre die
Monsanto-Übernahme nämlich betriebswirtschaftlich reibungslos verlaufen, wäre
der Zwergenaufstand wahrscheinlich ausgeblieben, auch wenn die gesundheitlichen,
ökologischen und menschenrechtlichen „Nebenwirkungen“ der Monsanto-Produkte
vergleichbar gewesen wären.
Dabei versucht die deutsche Bayer-AG mit allen
Mitteln, den Verkauf hochgefährlicher Pestizide und gentechnisch veränderten
Saatguts weltweit zu steigern und nimmt dafür gezielt auf staatliche Behörden
Einfluss. Das zeigt eine neue Broschüre von Misereor und inkota mit dem Titel „Advancing Together? Ein Jahr Bayer-Monsanto: Eine kritische Bilanz“. Den
Nachhaltigkeitsversprechen des Bayer-Konzerns stehen Fallbeispiele aus
Argentinien, Brasilien, Indien und dem südlichen und östlichen Afrika
gegenüber. Diese zeigen, dass der neue Megakonzern Umwelt und Menschenrechte
gefährdet und der Umsetzung der UN-Entwicklungsziele (SDGs) entgegenwirkt.
Gravierend ist die Situation insbesondere in Ländern des globalen Südens, so die Autor*nnen. Die Schädlichkeit von Glyphosat und anderen Pestiziden für Menschen und Umwelt würde nur minimal geprüft. Entsprechend schwach seien die Hürden für die Zulassung von Pestiziden und die Regulierung von deren Anwendung. Alan Tygel von der brasilianischen Kampagne gegen Agrargifte und für das Leben kommentiert: „Die Strategie von Agrarkonzernen wie Bayer ist immer dasselbe: Zuerst machen sie mit ihren Produkte Profite in den reichen Ländern. Wenn diese die Produkte verbieten, ziehen sie in ärmere Länder, wo die Konzernlobby mehr Einfluss auf die Aufsichtsbehörden ausüben kann.“ Diese Taktik funktioniere: Bayer vertreibt in Brasilien heute 50% mehr Wirkstoffe, die in der EU verboten sind, als noch 2016.
Auch das umstrittene Projekt WEMA („Water-efficient Maize for Africa“), ursprünglich von Monsanto, wolle Bayer fortführen. Im Rahmen der Initiative wird der angeblich dürreresistente Monsanto-Genmais der Sorte MON87460 auf Testfeldern in Kenia, Mosambik, Südafrika, Tansania und Uganda angebaut. Doch mit der Weiterführung von WEMA ignoriert Bayer nicht nur Regierungsbeschlüsse aus Südafrika und Tansania, sondern auch die Kritik aus der Zivilgesellschaft an der weiteren Verbreitung von gentechnisch verändertem Mais. Monsantos Genmais weise in puncto Dürreresistenz kaum oder keine Vorteile gegenüber herkömmlichem Mais auf, zudem häufen sich die Indizien von resistenten Stängelbohrer-Motten in Südafrika.
Bayer ist bewusst, sagen die Autor*innen, dass seine Pestizide in vielen Fällen ohne die nötigen Vorsichtsmaßnahmen eingesetzt werden. Die sichere Anwendung ist ein Mythos, insbesondere im globalen Süden. Das Risiko für die Gesundheit von Millionen Bauern, Bäuerinnen sowie Plantagenarbeitern und -arbeiterinnen hält Bayer jedoch nicht von der Vermarktung hochgiftiger Pestizide ab. Im Gegenteil vermarkte das Unternehmen seine Pestizide zum Teil mit doppelten Standards. Um seine Profite zu steigern, nimmt Bayer Menschenrechtsverletzungen offensichtlich in Kauf und missachtet internationale Verhaltensregeln.
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