9. Juni 2018

G7: Es war einmal!

Aus: FT.com
Zu ihren Hochzeiten konnte die G7 als „Direktorat der Weltwirtschaft“ kritisiert werden, deren Vorgaben in den internationalen Organisationen, vor allen bei IWF und Weltbank, zumeist befolgt wurden. Mit dem Aufstieg der G20 im Gefolge der globalen Finanzkrise wurde die um Russland erweiterte G8 zu einer Art „Vorbesprechung“ (Merkel) für die G20-Treffen. Als die G8 mit dem Rauswurf Russlands wieder zur G7 wurden, verkaufte man das als Rückbesinnung der Gruppe auf die „westlichen Werte“. Keine dieser Funktionen oder Rollenbeschreibung trifft heute noch zu. Was sich derzeit in Charlevoix in Québec/Kanada trifft, ist von einigen Kommentatoren wegen der offenen Spannungen mit den USA bereits als G6+ bezeichnet worden. Doch auch dies trifft die Lage kaum noch, nachdem US-Präsident Trump die Rückkehr Russlands in den Kreis der G7 gefordert hat und darin prompt von dem neuen italienischen Premier Conte unterstützt wurde.


Meinungsverschiedenheiten innerhalb der G7 gab es schon immer, doch wurden diese gemeinhin hinter verschlossenen Türen geglättet. Ein öffentlicher Schlagabtausch wie vor Charlevoix ist ein Novum in der G7- und selbst in der G20-Geschichte. Und es ist noch gelinde ausgedrückt, wenn jetzt eine Krise der G7 diagnostiziert wird. Im Zentrum des Streits steht bekanntlich die Handelspolitik, in der mit der Verhängung von Strafzöllen seitens der USA ein offener Krieg ausgebrochen ist. Dieser zeigt, wie scharf die wirtschaftlichen Interessengegensätze der G7-Staaten inzwischen aufeinanderprallen. Zu Recht nannte Kanadas Premier es „lachhaft“, wenn Trump seinen Handelskrieg mit US-amerikanischen Sicherheitsinteressen begründete. Zu Recht drohte Frankreichs Präsident Macron mit der Isolierung der USA in der Gipfelrunde und mit der Verabschiedung einer Gemeinsamen Erklärung der 6. Die Frage ist nur, ob ihm das gelingt. Und selbst wenn, dann wäre dies noch kein Anlass, im diesjährigen Gipfel eine „Chance für gerechteren Welthandel“ zu sehen, wie der deutsche NGO-Dachverband Venro eine Pressemitteilung übertitelte.

Derlei Hoffnungen übersehen, dass es auch im Rest der G7 kaum Vorstellungen über einen gerechteren Welthandel und ein nachhaltiges Weltwirtschaftssystem gibt. Auch wenn es lobenswert ist, dass die kanadische Präsidentschaft das Thema „Förderung der Geschlechtergleichheit und des Frauen-Empowerment“ ganz oben auf die Tagesordnung gesetzt hat – der nationalistische Protektionismus à la Trump polarisiert nicht nur; er schiebt auch andere Fragestellungen vom Tisch oder zumindest an den Rand des Geschehens. Es wird derzeit viel darüber spekuliert, was Trump mit seiner Polarisierung innerhalb der „westlichen Wertegemeinschaft“ bezweckt. Dass ihm jede Form des Multilateralismus zuwider ist, hat er hinreichend deutlich gemacht. Dass ihm selbst ein kastrierter Minilateralismus, wie er durch die G7 repräsentiert wird, am Ende egal ist, wird gerade deutlich. Wenn dort dann auch noch über den Klimawandel, saubere Ozeane und Energie diskutiert werden soll, wie es die kanadische Präsidentschaft für den zweiten Gipfeltag vorgesehen ist, dann reist der Präsident einfach vorzeitig ab. Aus Putins Umfeld verlautete prompt, eine Rückkehr in den Klub, sei nicht in Russlands Interesse. Trumps demonstriert praktisch ähnliches. Warum bringen die G6 eigentlich nicht die Kraft auf, einfach zu sagen: „Good bye USA!“

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