Europa stiehlt sich aus der Verantwortung
Europa stiehlt sich einmal mehr aus
seiner menschenrechtlichen Verantwortung. Das Ergebnis des gestrigen EU-Gipfels
ist ein Offenbarungseid bei dem Versuch, das gemeinsame europäische Asylsystem
zu reformieren. Das kritisiert die internationale Nothilfe- und
Entwicklungsorganisation Oxfam. Anstatt in allen Mitgliedsstaaten für
einheitliche rechtliche Standards zum Wohl von Schutzbedürftigen zu sorgen,
soll nun die gemeinsame europäische Verantwortung zum Schaden von
Schutzsuchenden in Staaten außerhalb der EU ausgelagert werden. Oxfam fordert
eine gerechtere und am Wohl der Asylsuchenden orientierte Regelung für ihre
Aufnahme innerhalb der EU.
Oxfam hält europäische Vereinbarungen zu Migration sind
dringend notwendig. Sie dürften aber nicht zu Lasten von Flüchtlingen und
anderen Migranten gehen. Es wäre die Pflicht der EU-Regierungschefs, die
gravierenden Mängel des bestehenden europäischen Asylsystems zu beheben, statt
sich von innenpolitischen Problemen einzelner Mitgliedsstaaten die Agenda
diktieren zu lassen. In einer Zeit, in der wegweisendes Handeln der EU nötiger
wäre denn je, falle den Regierenden offenbar nichts Besseres ein, als ihre
eigene Verantwortung auf arme Länder vor den Toren Europas abzuwälzen. Die
offenkundige Absicht, noch mehr gefängnisartige Aufnahmeeinrichtungen für
Migranten und Flüchtlinge einzurichten, einige davon sogar außerhalb der EU, sei
zum Scheitern verurteilt.
In den in Griechenland und Italien bestehenden sog. Hotspots
kann man schon heute besichtigen, wie in derartigen Einrichtungen die Rechte
von schutzsuchenden Frauen, Männern und Kindern oft in brutaler Weise verletzt
werden. Wie Oxfam-Sprecher Robert Lindner sagt, dürfe Kanzlerin Merkel jetzt
nicht dem Druck aus den eigenen Reihen nachgeben und der Abweisung von
Asylsuchenden an Deutschlands Grenzen zustimmen – dies stünde in krassem
Widerspruch zu ihrer anerkennenswerten humanitären Haltung im Sommer 2015.
Viele der hier schutzsuchenden Menschen, etwa unbegleitete Minderjährige,
traumatisierte Männer oder schwangere Frauen, sind in hohem Maße verletzlich.
Sie haben das Recht, dass ihr Schutzersuchen in jedem einzelnen Fall gründlich
geprüft wird und alle Widerspruchsmöglichkeiten gewährt werden.
Zur Situation von Flüchtlingen und anderen Migranten an
Europas Grenzen hat Oxfam u.a. folgende Berichte veröffentlicht:
* "Nowhere but Out", der auf Misshandlungen und illegale Abweisungen unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge an der französisch-italienischen Grenze hinweist (https://www.oxfam.de/presse/pressemitteilungen/2018-06-15-minderjaehrige-fluechtlinge-italienisch-franzoesischen-grenze)
* "You aren't human anymore", der sich mit Folter,
Vergewaltigungen und Zwangsarbeit in Libyen befasst (https://www.oxfam.de/presse/pressemitteilungen/2017-08-09-folter-vergewaltigung-zwangsarbeit-gefluechtete-berichten)
und* "Nowhere but Out", der auf Misshandlungen und illegale Abweisungen unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge an der französisch-italienischen Grenze hinweist (https://www.oxfam.de/presse/pressemitteilungen/2018-06-15-minderjaehrige-fluechtlinge-italienisch-franzoesischen-grenze)
* "A Dangerous Game", der Berichte über Misshandlungen und illegale Sammelausweisungen entlang der Balkan-Route dokumentiert (https://www.oxfam.de/presse/pressemitteilungen/2017-04-06-ngo-bericht-migranten-berichten-misshandlungen-europas-grenzen)
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