Finanzlobbyismus in der EU-Kommission: Ein Kommen und Gehen
Zehn Jahre nach dem Beginn der großen Finanzkrise funktioniert die
Drehtür bei der EU-Generaldirektion, die für die Regulierung der Finanzmärkte
zuständig ist, bestens. Das enthüllt eine neue Studie, die Yiorgos Vassalos u.a. für die NGO Corporate Europe Observatory
(CEO) erstellt haben. Sie zeigt, dass ein Drittel der führenden Beamten bei der
Generaldirektion für Finanzstabilität, Finanzdienstleistungen und
Kapitalmarktunion (DG FISMA) zwischen 2008 und 2017 entweder aus der
Finanzindustrie kamen oder dort arbeiteten, nachdem sie die Kommission
verlassen hatten. Diese Drehtürkultur bei der DG FISMA bedeutet, dass vielen
ihrer Topbeamten die nötige Distanz und Neutralität gegenüber den Unternehmen,
die sie regulieren sollen, fehlt.
Im Einzelnen fanden die Forscher heraus:
* Vier von fünf früheren Direktoren der DG FISMA, die
zwischen 2008 und 2017 die Kommission verließen, arbeiteten danach bei
Finanzunternehmen, die sie einst beaufsichtigten, oder für Lobbyfirmen, die
diese Unternehmen vertreten.
* Einer der drei Abteilungsleiter, die zwischen 2008 und
2017 bei der DG FISMA arbeiteten, ging nachdem er die Kommission verließ, zur
Finanzindustrie.
* Sechs bzw. sieben der insgesamt 27 Abteilungsleiter bzw. ihrer
22 Stellvertreter hatten in der Vergangenheit für die Finanzindustrie
gearbeitet.
* Zwei der drei Kommissare, die 2008-2017 für Finanzen
verantwortlich waren, setzten nach Beendigung ihres Mandats ihre Arbeit für
Finanzinteressen fort.
Nur wenige Wochen, nachdem der Europäische Ombudsman eine
schallende Kritik an der Drehtürpraxis von Ex-Kommissaren wie dem früheren
Kommissionspräsidenten Barroso (>>> Goldman Sachs oder Government Sachs?) veröffentlichte, zeigt sich also, wie
auch andere EU-Abteilungen an dieser institutionellen (Un-)Kultur leiden. Dies
heißt nicht mehr und nicht weniger, als dass die Regeln der Kommission zur
Minderung von Interessenkonflikten dabei versagt haben, den Drehtüreffekt
zurückzudrängen. Sie sollten nicht nur verschärft werden. Die gesamte Praxis,
dass ein Wechsel von einer Regulierungsbehörde zu der Industrie, die sie
regulieren soll, als logischer Karriereschritt gilt, sollte ein für alle Mal
beendet werden.
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