13. April 2018

Finanzlobbyismus in der EU-Kommission: Ein Kommen und Gehen

Zehn Jahre nach dem Beginn der großen Finanzkrise funktioniert die Drehtür bei der EU-Generaldirektion, die für die Regulierung der Finanzmärkte zuständig ist, bestens. Das enthüllt eine neue Studie, die Yiorgos Vassalos u.a. für die NGO Corporate Europe Observatory (CEO) erstellt haben. Sie zeigt, dass ein Drittel der führenden Beamten bei der Generaldirektion für Finanzstabilität, Finanzdienstleistungen und Kapitalmarktunion (DG FISMA) zwischen 2008 und 2017 entweder aus der Finanzindustrie kamen oder dort arbeiteten, nachdem sie die Kommission verlassen hatten. Diese Drehtürkultur bei der DG FISMA bedeutet, dass vielen ihrer Topbeamten die nötige Distanz und Neutralität gegenüber den Unternehmen, die sie regulieren sollen, fehlt.


Im Einzelnen fanden die Forscher heraus:
* Vier von fünf früheren Direktoren der DG FISMA, die zwischen 2008 und 2017 die Kommission verließen, arbeiteten danach bei Finanzunternehmen, die sie einst beaufsichtigten, oder für Lobbyfirmen, die diese Unternehmen vertreten.
* Einer der drei Abteilungsleiter, die zwischen 2008 und 2017 bei der DG FISMA arbeiteten, ging nachdem er die Kommission verließ, zur Finanzindustrie.
* Sechs bzw. sieben der insgesamt 27 Abteilungsleiter bzw. ihrer 22 Stellvertreter hatten in der Vergangenheit für die Finanzindustrie gearbeitet.
* Zwei der drei Kommissare, die 2008-2017 für Finanzen verantwortlich waren, setzten nach Beendigung ihres Mandats ihre Arbeit für Finanzinteressen fort.

Nur wenige Wochen, nachdem der Europäische Ombudsman eine schallende Kritik an der Drehtürpraxis von Ex-Kommissaren wie dem früheren Kommissionspräsidenten Barroso (>>> Goldman Sachs oder Government Sachs?) veröffentlichte, zeigt sich also, wie auch andere EU-Abteilungen an dieser institutionellen (Un-)Kultur leiden. Dies heißt nicht mehr und nicht weniger, als dass die Regeln der Kommission zur Minderung von Interessenkonflikten dabei versagt haben, den Drehtüreffekt zurückzudrängen. Sie sollten nicht nur verschärft werden. Die gesamte Praxis, dass ein Wechsel von einer Regulierungsbehörde zu der Industrie, die sie regulieren soll, als logischer Karriereschritt gilt, sollte ein für alle Mal beendet werden.

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