30. August 2015

Green Growth: Mantra gegen den Klimawandel?

Ist "grünes Wachstum", gestützt auf einen Schub an Material-, Ressourcen- und Energieeffizienz, auf den Strukturwandel hin zur Dienstleistungsökonomie und auf einen Wechsel im Energiemix zugunsten erneuerbarer Energien, das qualitativ neue Wachstumsparadigma und damit auch das entscheidende Instrument im Kampf gegen den Klimawandel? Grünes Wachstum mag neue Wachstumsimpulse schaffen, die die Umwelt weniger belasten und den entsprechenden technologischen und strukturellen Wandel erleichtern. Dies bedeutet aber noch nicht, dass es auch den Klimawandel in dem erforderlichen Ausmaß verringern kann (d.h. einen deutlichen, absoluten und permanenten Rückgang der Treibhausgas-Emissionen auf globaler Ebene erzeugen), und dies in der angemessenen Geschwindigkeit (d.h. in weniger als zwei bis drei Dekaden).


Diesen Fragen geht Ulrich Hoffmann, Chefökonom des Schweizer Research Institute on Organic Agriculture (FiBL) und ehemaliger Berater bei der UN-Konferenz für Handel und Entwicklung (UNCTAD), in einem neuen Papier, Can Green Growth Really Work und What are the True (Socio-) Economics of Climate Change?, nach. Hoffmann argumentiert, dass Wachstum, technologische, bevölkerungsdynamische und Governance-Zwänge, wie auch einige zentrale systemische Fragen, einen langen Schatten auf die in „grünes Wachstum“ gesetzten Hoffnungen werfen. Man sollte sich nicht in dem Glauben täuschen lassen, dass ein solcher evolutionärer (und oft reduktionistischer) Ansatz ausreichend sein wird, um der Komplexität des Klimawandels zu begegnen. Er könnte vielmehr falsche Hoffnungen und Entschuldigungen verstärken, nichts wirklich Grundlegendes zu tun, das zu einer Kehrtwende bei den globalen Treibhausgas-Emissionen führen könnte.

Die Vertreter einer Effizienzrevolution beim Ressourcenverbrauch, einer Restrukturierung der Wirtschaft und eines drastischen Wandels beim Energiemix sollten, so das lesenswerte Papier, insbesondere die historische Evidenz der Arithmetik des Wirtschafts- und Bevölkerungswachstums genau prüfen. Auch müssten sie realisieren, dass die erforderliche Transformation weit über Innovation und Strukturwandel hinaus geht und eine bessere Verteilung von Reichtum und Einkommen, eine Begrenzung der Machtmachte wirtschaftlicher Akteure, die einseitige Ansätze der Treibhausgas-Reduktion propagieren, und eine Kultur der Genügsamkeit einschließt. Der Klimawandel stelle die globale Chancengleichheit auf Wohlstand (d.h. die ökologische Gerechtigkeit und die entwicklungspolitischen Spielräume) in Frage und ist daher auch eine enorme entwicklungspolitische Herausforderung für alle Länder, vor allem für den Globalen Süden, und für manche Entwicklungsländer eine Frage von Leben und Tod.

Keine Kommentare: