Bailout tastet Interessen der griechischen Oligarchen nicht an
Das in der letzten Woche vom
griechischen Parlament verabschiedete und in dieser Woche im Deutschen
Bundestag abgesegnete neue „Hilfsprogramm“ für Griechenland gestattet den in
etlichen Sektoren dominierenden Oligarchen weiterhin die Erzielung hoher
Profite und die Vermeidung von Steuerzahlungen, während es die einfachen Leute
wirtschaftlich bestraft. Dies ist eine Hauptschlussfolgerung, die der ehemalige
griechische Finanzminister Yanis Varoufakis in einer Detailkritik des dritten
Bailout-Programms über 86 Mrd. € zieht, die er vor einigen Tages in Form einer annotierten Version des 62 Seiten langen Memorandums
auf seinem Blog veröffentlicht hat. Die meisten Bestimmungen würden die verzweifelte
Situation des Landes weiter verschlechtern.
Schon
die erste Einfügung macht Varoufakis‘ Entsetzen über die dramatischen
Ereignisse deutlich, als der griechische Premierminister Alexis Tsipras vor dem
Hintergrund der deutschen Forderungen nach einem zeitweiligen Exit
Griechenlands aus der Eurozone gezwungen wurde, strikte Bedingungen für einen
neuen Bailout zu akzeptieren (>>> Das Griechenland-Diktat). „Dieses MoU (Memorandum of Understanding)
spiegelt die erniedrigende Kapitulation der griechischen Regierung unter der Drohung
des Eurogipfels mit einem Grexit vom 12. Juli wider“, so Varoufakis. Das darin
enthaltene „Reformprogramm“ liefe nur darauf hinaus, einfache Arbeiter und ihre
Familien durch die Auferlegung von Sozialkürzungen zu versklaven, während sich
ausländische Konzerne durch die Privatisierungen Anlagewerte billig aneignen
könnten. Darüber hinaus könnten sich auch griechische Milliardäre der
Überprüfung entziehen.
Im
Memorandum heißt es z.B.: „Fiskalische Zwänge erforderten harte Entscheidungen,
und deshalb ist es wichtig, dass die Anpassungslast von allen Teilen der
Gesellschaft getragen wird und deren Zahlungsfähigkeit in Rechnung gestellt
wird. Vorrang wurde Maßnahmen zur Bekämpfung der Steuerflucht eingeräumt.“ Doch
Varoufakis: „Ohne dass die Oligarchen voll zur Unterstützung der Troika durch ihre
facettenreichen Aktivitäten verpflichtet werden, einschließlich der bankrotten
Medien, die ihnen gehören.“
Weiter
heißt es in dem Memorandum: „Die Behörden planen, von der verfügbaren technischen
Hilfe internationaler Organisationen für Maßnahmen der Gesundheitsvorsorge für
alle (einschließlich der Unversicherten) zu profitieren.“ Doch Varoufakis
erwidert: „d.h. Beratung durch gut bezahlte ausländische ‚Technokraten‘ als
Ersatz für Finanzen, Pfleger, Ärzte und Ausrüstung“.
Das
Memorandum spricht auch die Errichtung eines „grundlegenden sozialen
Sicherheitsnetzes“ in Form eines garantierten Mindesteinkommens (GMI). Diese
Maßnahme „wäre großartig, nur wird nicht ein frischer Euro für das GMI-Programm
fließen, dessen Finanzierung aus existierenden Sozialleistungen des
griechischen Staates, z.B. der Hilfe für Kinder, erfolgen wird“, so Varoufakis.
Als
Finanzminister hatte sich Varoufakis jedem Deal mit Brüssel widersetzt, der
seiner Meinung nach die Strategie der vergangenen fünf Jahre verlängern würde.
Er argumentierte, dass die Kombination von Finanzhilfe mit einschneidenden
Kürzungen der Staatsausgaben der Hauptgrund für die eskalierende
Arbeitslosigkeit und den Einbruch der Ökonomie um 25% war. Der jetzige Deal
dürfte nach Varoufakis in mehrerer Hinsicht scheitern. Beispielsweise würde die
Besteuerung von Eigentum auf der Basis überholter und überteuerter Bewertungen
die einfachen Haushalte treffen; die Stützung auf teure Berater und Consultants
würde dem Gesundheitssystem lebenswichtige Finanzmittel entziehen, und eine
Verringerung der Investitionshilfen durch Brüssel würde die Erholung behindern.
„Die Rentenkürzungen werden so drastisch sein, dass die aggregierte Nachfrage
in Griechenland so stark fallen wird, so dass die rückläufige Beschäftigung die
Pensionsfonds weiter schwächen wird.“
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