21. August 2015

Bailout tastet Interessen der griechischen Oligarchen nicht an

Das in der letzten Woche vom griechischen Parlament verabschiedete und in dieser Woche im Deutschen Bundestag abgesegnete neue „Hilfsprogramm“ für Griechenland gestattet den in etlichen Sektoren dominierenden Oligarchen weiterhin die Erzielung hoher Profite und die Vermeidung von Steuerzahlungen, während es die einfachen Leute wirtschaftlich bestraft. Dies ist eine Hauptschlussfolgerung, die der ehemalige griechische Finanzminister Yanis Varoufakis in einer Detailkritik des dritten Bailout-Programms über 86 Mrd. € zieht, die er vor einigen Tages in Form einer annotierten Version des 62 Seiten langen Memorandums auf seinem Blog veröffentlicht hat. Die meisten Bestimmungen würden die verzweifelte Situation des Landes weiter verschlechtern.


Schon die erste Einfügung macht Varoufakis‘ Entsetzen über die dramatischen Ereignisse deutlich, als der griechische Premierminister Alexis Tsipras vor dem Hintergrund der deutschen Forderungen nach einem zeitweiligen Exit Griechenlands aus der Eurozone gezwungen wurde, strikte Bedingungen für einen neuen Bailout zu akzeptieren (>>> Das Griechenland-Diktat). „Dieses MoU (Memorandum of Understanding) spiegelt die erniedrigende Kapitulation der griechischen Regierung unter der Drohung des Eurogipfels mit einem Grexit vom 12. Juli wider“, so Varoufakis. Das darin enthaltene „Reformprogramm“ liefe nur darauf hinaus, einfache Arbeiter und ihre Familien durch die Auferlegung von Sozialkürzungen zu versklaven, während sich ausländische Konzerne durch die Privatisierungen Anlagewerte billig aneignen könnten. Darüber hinaus könnten sich auch griechische Milliardäre der Überprüfung entziehen.

Im Memorandum heißt es z.B.: „Fiskalische Zwänge erforderten harte Entscheidungen, und deshalb ist es wichtig, dass die Anpassungslast von allen Teilen der Gesellschaft getragen wird und deren Zahlungsfähigkeit in Rechnung gestellt wird. Vorrang wurde Maßnahmen zur Bekämpfung der Steuerflucht eingeräumt.“ Doch Varoufakis: „Ohne dass die Oligarchen voll zur Unterstützung der Troika durch ihre facettenreichen Aktivitäten verpflichtet werden, einschließlich der bankrotten Medien, die ihnen gehören.“

Weiter heißt es in dem Memorandum: „Die Behörden planen, von der verfügbaren technischen Hilfe internationaler Organisationen für Maßnahmen der Gesundheitsvorsorge für alle (einschließlich der Unversicherten) zu profitieren.“ Doch Varoufakis erwidert: „d.h. Beratung durch gut bezahlte ausländische ‚Technokraten‘ als Ersatz für Finanzen, Pfleger, Ärzte und Ausrüstung“.

Das Memorandum spricht auch die Errichtung eines „grundlegenden sozialen Sicherheitsnetzes“ in Form eines garantierten Mindesteinkommens (GMI). Diese Maßnahme „wäre großartig, nur wird nicht ein frischer Euro für das GMI-Programm fließen, dessen Finanzierung aus existierenden Sozialleistungen des griechischen Staates, z.B. der Hilfe für Kinder, erfolgen wird“, so Varoufakis.

Als Finanzminister hatte sich Varoufakis jedem Deal mit Brüssel widersetzt, der seiner Meinung nach die Strategie der vergangenen fünf Jahre verlängern würde. Er argumentierte, dass die Kombination von Finanzhilfe mit einschneidenden Kürzungen der Staatsausgaben der Hauptgrund für die eskalierende Arbeitslosigkeit und den Einbruch der Ökonomie um 25% war. Der jetzige Deal dürfte nach Varoufakis in mehrerer Hinsicht scheitern. Beispielsweise würde die Besteuerung von Eigentum auf der Basis überholter und überteuerter Bewertungen die einfachen Haushalte treffen; die Stützung auf teure Berater und Consultants würde dem Gesundheitssystem lebenswichtige Finanzmittel entziehen, und eine Verringerung der Investitionshilfen durch Brüssel würde die Erholung behindern. „Die Rentenkürzungen werden so drastisch sein, dass die aggregierte Nachfrage in Griechenland so stark fallen wird, so dass die rückläufige Beschäftigung die Pensionsfonds weiter schwächen wird.“

Keine Kommentare: