12. Juli 2013

Streit um Investorenrechte: Philip Morris contra Uruguay



Entgegen einem schwebenden bilateralen Verfahren hat das Internationale Zentrum zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten (ICSID), ein Schiedsgericht der Weltbank, in einem Streit zwischen Philip Morris und Uruguay für zuständig erklärt. Der Tabakmulti, dessen internationaler Geschäftssitz in Lausanne ist, begrüßt das. Er hatte im Februar 2010 wegen zu restriktiver Anti-Tabak-Massnahmen gegen Uruguay geklagt. Grundlage der Klage ist das Investitionsabkommen zwischen Bern und Montevideo. Für NGOs wie Alliance Sud, die entwicklungspolitische Arbeitsgemeinschaft von Swissaid, Fastenopfer, Brot für alle, Helvetas, Caritas und Heks, ist das ein inakzeptabler Präzedenzfall und ein weiterer Beleg dafür, dass die Schweizer Praxis der Investitionsabkommen dringend revisionsbedürftig ist.

Das Investitionsabkommen zwischen der Schweiz und Uruguay ist seit 1991 in Kraft und  legt fest, dass es den beiden Staaten vorbehalten ist, wirtschaftliche Aktivitäten einzuschränken, die der öffentlichen Gesundheit abträglich sind (Art 2.1.). Im Streitfall ist ein Investor verpflichtet, ein nationales Gericht anzurufen (Art. 10.2.). Philip Morris ist in ähnlich gelagerten Fällen vor nationalen Gerichten in Norwegen und Australien unterlegen.

Im Fall von Uruguay, das eine Gesundheitspolitik im Einklang mit der Anti-Tabak-Konvention der Weltgesundheitsorganisation (WHO) verfolgt, rief Philip Morris an das Internationale Zentrum zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten (ICSID), ein Schiedsgericht der Weltbank, an; dies ohne die Frist von 18 Monaten abzuwarten, die ein uruguayisches Gericht Zeit gehabt hätte, um seinerseits ein Urteil zu fällen, wie es das Investitionsschutzabkommen vorsieht. Das Verfahren war dermaßen intransparent, dass es uruguayischen Nichtregierungs­organisationen verwehrt blieb, ihren Standpunkt darzulegen. Das Schiedsgericht hat sich jetzt für zuständig erklärt, die Schadenersatzklage von Philip Morris über 2 Mrd. Dollar zu beurteilen, was fast 5% des uruguayischen Bruttoinlandprodukts (!) entspricht.

Ein Schiedsspruch ist nicht vor 2015 zu erwarten. Er könnte eine Bresche schlagen in den weltweiten Kampf der WHO und der Länder des Südens gegen die schädlichen Auswirkungen des Tabak-Konsums. Wie auch immer das Urteil ausfällt, Uruguay wird Gerichtskosten in der Höhe von rund 8 Mio. Dollar tragen müssen.

Bei NGOs und Regierungen in Lateinamerika steigt der Unmut über Investitionsschutz­abkommen, die den Investoren Rechte geben, den Gastländern jedoch Pflichten auferlegen und oft zu hohen Schadenersetzforderungen gegen die Länder führen (>>> Gegenwind für Transnationale Konzerne: Staaten wehren sich gegen Entschädigungsklagen). In Uruguay verlangt eine zivilgestellschaftliche Koalition die Neuverhandlung des Abkommens mit der Schweiz von 1991 fordert. Der Weg an ein Schiedsgericht muss ausgeschlossen oder zumindest transparenter formuliert werden. Art 5.1. ist dahingehend zu präzisieren, dass die öffentliche Gesundheit vor dem Investitionsschutz Vorrang erhält.

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