Streit um Investorenrechte: Philip Morris contra Uruguay
Entgegen einem schwebenden
bilateralen Verfahren hat das Internationale
Zentrum zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten (ICSID), ein Schiedsgericht der
Weltbank, in einem Streit zwischen Philip Morris und Uruguay für zuständig
erklärt. Der Tabakmulti, dessen internationaler Geschäftssitz in Lausanne ist,
begrüßt das. Er hatte im Februar 2010 wegen zu restriktiver Anti-Tabak-Massnahmen gegen Uruguay
geklagt. Grundlage der Klage ist das Investitionsabkommen zwischen Bern und
Montevideo. Für NGOs wie Alliance Sud, die entwicklungspolitische Arbeitsgemeinschaft von
Swissaid, Fastenopfer, Brot für alle, Helvetas, Caritas und Heks, ist das ein inakzeptabler Präzedenzfall und ein weiterer Beleg dafür,
dass die Schweizer Praxis der Investitionsabkommen dringend revisionsbedürftig
ist.
Das Investitionsabkommen
zwischen der Schweiz und Uruguay ist seit 1991 in Kraft und legt fest, dass es den beiden Staaten
vorbehalten ist, wirtschaftliche Aktivitäten einzuschränken, die der
öffentlichen Gesundheit abträglich sind (Art 2.1.). Im Streitfall ist ein
Investor verpflichtet, ein nationales Gericht anzurufen (Art. 10.2.). Philip
Morris ist in ähnlich gelagerten Fällen vor nationalen Gerichten in Norwegen
und Australien unterlegen.
Im Fall von Uruguay, das eine
Gesundheitspolitik im Einklang mit der Anti-Tabak-Konvention der
Weltgesundheitsorganisation (WHO) verfolgt, rief Philip Morris an das Internationale Zentrum zur Beilegung von
Investitionsstreitigkeiten (ICSID),
ein Schiedsgericht der Weltbank, an;
dies ohne die Frist von 18 Monaten abzuwarten, die ein uruguayisches Gericht
Zeit gehabt hätte, um seinerseits ein Urteil zu fällen, wie es das
Investitionsschutzabkommen vorsieht. Das Verfahren war dermaßen intransparent,
dass es uruguayischen Nichtregierungsorganisationen verwehrt blieb, ihren Standpunkt darzulegen. Das Schiedsgericht hat
sich jetzt für zuständig erklärt, die Schadenersatzklage von Philip Morris über
2 Mrd. Dollar zu beurteilen, was fast 5% des uruguayischen Bruttoinlandprodukts
(!) entspricht.
Ein Schiedsspruch ist nicht
vor 2015 zu erwarten. Er könnte eine Bresche schlagen in den weltweiten Kampf
der WHO und der Länder des Südens gegen die schädlichen Auswirkungen des
Tabak-Konsums. Wie auch immer das Urteil ausfällt, Uruguay wird Gerichtskosten
in der Höhe von rund 8 Mio. Dollar tragen müssen.
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