G20-Finanzminister: Entgleiste Agenda
Wenn die Finanzminister und Zentralbank-Chefs der Gruppe der 20 am 14./15. Oktober zu ihrem letzten Treffen vor dem G20-Gipfel zusammen kommen, sind spektakuläre Durchbrüche weitgehend ausgeschlossen. Zu gravierend sind die Differenzen in Europa, insbesondere zwischen Deutschland und Frankreich, über den weiteren Umgang mit der Eurokrise und zu dramatisch der an Schärfe gewinnende Streit zwischen den USA und China über Wechselkurse und globale Ungleichgewichte. Dass in den USA jetzt ein Gesetz auf dem Weg ist, das handelspolitische Strafmaßnahmen gegen Länder mit „zu niedrigen Wechselkursen“ ermöglicht, beschwört nach chinesischer Sicht einen neuen Handelskrieg im Stil der 1930er Jahre herauf.
Weitgehend entgleist ist angesichts solch scharfer Widersprüche auch die ehrgeizige französische G20-Agenda, nach der die G20-Präsidentschaft für eine grundlegende Reform des Weltfinanzsystems und eine Neuordnung der Leitwährungen genutzt werden sollte. Ein neuer Multiwährungsstandard, der neben dem Dollar auch den Euro und den Yuan einbezieht, scheint kaum zwei Wochen vor dem G20-Gipfel so entfernt zu sein wie selten zuvor. So bleiben für das zweitägige Treffen der Finanzminister in Paris allenfalls kleine, inkrementelle Fortschritte denkbar.
In diesen Bereich fällt ausgerechnet eine nochmalige Aufstockung der Finanzressourcen des IWF – nur zwei Jahre nach der Verdreifachung seiner Kreditmittel und der Aufstockung der Sonderziehungsrechte um 250 Mrd. Dollar durch den Londoner G20-Gipfel. Dafür ließen sich sowohl die Industrieländer als auch Schwellenländer wie Brasilien gewinnen, die eine weitere Verschärfung der globalen Krise fürchten. Weitgehend unklar ist am Vorabend des Treffens, wie weitreichend die Beschlüsse zur Eindämmung der Spekulation mit Nahrungsmitteln ausfallen werden, wenn es hier nicht gar zu einer vollständigen Blockade kommt. Desweiteren dürften die Finanzminister neue Regeln für die "Too-big-to-fail"-Problematik absegnen, die das Financial Stability Board erarbeitet hat. Doch das letzte Wort bleibt in allen diesen Fragen den Regierungschefs am 3./4. November in Cannes vorbehalten.
>>> In fortlaufender Aktualisierung wird W&E das Treffen dokumentieren: Finanzministertreffen vor dem G20-Gipfel.
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