Sind wir jetzt alle Attacies?
Jetzt sind wir alle Attacies, könnte man in Anlehnung an ein berühmtes Bonmot des ehemaligen US-Präsidenten Richard Nixon („Jetzt sind wir alle Keynesianer“) sagen, nachdem die schwarz-gelbe Koalition unter Einschluss der FDP heute Morgen auf die Befürwortung einer Finanzmarktsteuer eingeschwenkt ist. In dem betreffenden Zusatz zur Koalitionsvereinbarung heißt es allerdings: „Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich auf europäischer und globaler Ebene für eine wirksame Finanzmarktsteuer - das heißt Finanztransaktionssteuer oder Finanzaktivitätssteuer – einzusetzen.“ Das Abkommen schließt auch die Forderung nach einem Verbot von Leerverkäufen und einer öffentlichen europäischen Rating-Agentur ein.
Attac selbst und das katholische Hilfswerk Misereor haben den Kurswechsel der Bundesregierung stürmisch begrüßt. Attac verweist jedoch zu Recht auf einen Pferdefuß in der neuen Position, die ein Umfallen der Bundeskanzlerin und des Außenministers zugleich anzeigt: Die scheinbare Gleichstellung der beiden Steuerkonzepte darf nicht darüber hinweg täuschen, dass die Finanztransaktionssteuer (FTT) ein wesentlich stärkeres Regulierungs- und Finanzierungsinstrument ist als die vom IWF in die Debatte eingeführte Finanzaktivitätssteuer (FAT). Letztere besteuert eigentlich gar nicht die Aktivitäten auf den Finanzmärkten, sondern lediglich die Gewinne und bestimmte Personalvergütungen. Sie kann damit zwar auch zur Einschränkung risikoreicher Aktivitäten beitragen, verändert aber, wie der IWF im Entwurf seiner Studie für die G20 selbst schreibt, nicht den Charakter der Marktaktivitäten. Auch die Aufbringungswirkung der FAT ist unklar, weil der IWF keinen Besteuerungssatz vorschlägt.
Interessant an der Diskussion FAT versus FTT ist, dass der IWF mit seinen Vorschlägen in der Finanzpresse ziemliche Entrüstung ausgelöst hat. So wurde geschrieben, alles dies sei eine unzumutbare Belastung für die Banken, die durch verschärfte Rücklagevorschriften ohnehin schon geschröpft würden. Ungeachtet dessen wurde die FAT in den letzten Tagen ausgerechnet von den Neoliberalen als Alternative zur Finanztransaktionssteuer präsentiert. Es ist schon so, wie unsere Autorin Nicola Liebert in ihrer Stellungnahme für das Bundestagshearing geschrieben hat: „Die Beliebigkeit der Argumente gegen eine FTT weist darauf hin, dass es den Gegnern einer Finanzmarktsteuer nicht immer um sachliche Fragen geht, sondern oftmals nur darum, die FTT mit allen Mitteln zu verhindern.“ (>>> Bankenabgabe versus Finanztransaktionssteuer)
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