Doha-Verhandlungen in der Schwebe
Von Klaus Schilder
Die Verhandlungen der UN-Konferenz über Entwicklungsfinanzierung hier in Doha stecken in einer kritischen Phase. Nachdem am gestrigen Sonntag sowohl die G77 (Entwicklungsländer) als auch die EU Kompromissbereitschaft für den Text der Schlusserklärung signalisierten, brachten die USA die Verhandlungen anschließend mit einer großen Zahl von Änderungswünschen fast zum Stillstand. Es folgen hektische Stunden bilateraler Verhandlungen hinter verschlossenen Türen, zuletzt unter Beteiligung der anwesenden Ministerinnen und Minister. Schließlich zog der Präsident der UN-Generalversammlung, Pater Miguel d’Escoto Brockmann, den bisherigen Verhandlungstext unter Verweis auf Fehler in den Formulierungen zurück. Ein Konsens scheint aber dennoch möglich.
Hauptstreitpunkt war bis zuletzt die derzeitige Weigerung der USA, Diskussionen über die umfassende Neuordnung der internationalen Finanzarchitektur unter dem Dach der UN in Form einer UN-Weltkonferenz zur Reform des internationalen Wirtschafts- und Finanzsystems – kurz: einer Bretton-Woods-II-Konferenz – zuzustimmen. EU und G77 hatten sich mit anderen Partnern darauf verständigt, die UN Generalversammlung mit der Ausarbeitung der genauen Modalitäten für eine solche Konferenz zu beauftragen. Die USA zielen dagegen darauf ab, einen solchen breit getragenen Gipfel zu verhindern oder zumindest auf eine wahrscheinlich folgenlose Erörterung im Rahmen der 64. Generalversammlung Ende 2009 zu reduzieren. Auch werden konkrete Festlegungen über den FfD-Folgeprozess einschließlich der Frage einer weiteren Überprüfungskonferenz im Jahr 2013 von den USA blockiert. VertreterInnen der Zivilgesellschaft forderten die UN-Mitgliedsstaaten daraufhin auf, notfalls gegen die undemokratischen Machtspiele der USA demonstrativ über eine Abschlusserklärung „minus eins“ abzustimmen (http://www.petitiononline.com/G192vote).
Gegenstand intensiver politischer Beratungen auf Ministerebene waren zudem die Abschnitte, die sich mit Verpflichtungen zum Kampf gegen den Klimawandel und dessen Finanzierung sowie mit systemischen Reformen im Welthandelsregime beschäftigen. Auf Betrieben der USA wurden schließlich die Aufforderung zur Erreichung der internationalen ODA-Verpflichtungen von 0,7% des BNP abgeschwächt. Positiv dagegen: Die von vielen NGOs, darunter dem Netzwerk für Steuergerechtigkeit, geforderte Stärkung des UN-Komitees für Steuerfragen ist dagegen unstrittig, wenn auch ohne Festlegung auf Aufwertung zu einem zwischenstaatlichen Gremium.
Auch wenn ein Kompromiss , der das Gesicht der teilnehmenden Regierungsvertreter wahrt, nun auch ohne nächtliche Verhandlungsrunde möglich scheint so ist schon jetzt klar, dass es ein äußerst schwacher Kompromiss sein wird, der zumindest Zweifel an der Handlungsfähigkeit der UN angesichts der Auswirkungen der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise, insbesondere für die Ärmsten der Welt, nährt. Die Arbeit fängt nach Doha also erst richtig an.
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