Krise der Umwelt - Krise von Attac
Das Jahr 2007 dürfte zu einem entscheidenden Jahr für die Zukunft der Globalisierung, aber auch der globalisierungskritischen Bewegung werden, schreiben die "Blätter für deutsche und internationale Politik" im Leitartikel ihrer Januar-Ausgabe (Heft 1/2007). Der Autor, Albrecht von Lucke, geht dabei nicht nur mit den etablierten Parteien, sondern auch mit Attac hart ins Gericht:
"Zu Recht als die wohl wichtigste Bewegung des 21. Jahrhunderts bezeichnet, hat sie (die globalisierungspolitische Bewegung um Attac; R.F.) diesen Anspruch bisher jedoch noch nicht eingelöst – insbesondere was die Klimafrage anbelangt. Bis heute gibt es keine alternative Umweltpolitik auf globalem Niveau, operieren Drittwelt-, Friedens- und Umeltbewegung vor allem aneinander vorbei.
Darin liegt eine Ursache dafür, warum sich Attac derzeit in der Krise befindet. Gewiss kann man dafür, jedenfalls zu einem Teil, das abgeklungene Medieninteresse verantwortlich machen. Hier liegt aber auch eigenes Versagen gerade dieses vielleicht prominentesten Teils der Bewegung. Nach einer anfänglichen Hochphase hat sich Attac in den letzten Jahren das Globalisierungsthema zwar nicht aus der Hand nehmen lassen, aber schon seit geraumer Zeit ist es erstaunlich ruhig um diese Frage geworden. Zum einen rückten nationale Themen, insbesondere der Kampf gegen Hartz IV, stark in den Vordergrund. Zum anderen fehlt es der Bewegung aber auch an inhaltlich-thematischer und konstruktiver Fundierung, insbesondere hinsichtlich der Klimafrage.
Seit Jahren, spätestens seit dem 11. September 2001, betreibt die gobalisierungskritische Bewegung vor allem eine Politik des „Anti“. Die Menschheit gegen Bush, lautete in den letzten fünf Jahren die Devise. Gerade in der Umweltpolitik geht diese Rechnung jedoch nicht auf – insbesondere weil sich Staaten wie die Bundesrepublik allzu gern hinter dem Umweltsünder USA verstecken, der bis heute das Kyoto-Protokoll nicht unterzeichnet hat. Dabei ist auch Deutschland, der vorgebliche ökologische Musterknabe, noch immer weit von Vorbildlichkeit entfernt. Heute beträgt der CO2-Ausstoß eines Bundesbürgers mit im Durchschnitt zehn Tonnen pro Jahr das Zwanzigfache eines Inders, und ganz Afrikas CO2-Ausstoß etspricht derzeit dem der Bundesrepublik...
Gewiss greift Attac als Bewegung für die Tobin-Tax die Devisenspekulation als die avancierteste Form des Turbokapitalismus an und schlägt damit ein eigenes Regulierungsmittel vor. Von einem umfassenden Alternativmodell zum fossilistischen Kapitalismus ist die Bewegung jedoch noch weit entfernt. Dafür bedürfte es eines Ansatzes, der jeden Lebensbereich erfasst und auf seine Zukunftstauglichkeit hin durchleuchtet: von der Wirtschafts- und Arbeits- über die Ernährungs- bis zur Mobilitätspolitik. Davon kann augenblicklich keine Rede sein."
Die Kritik ließe sich fortsetzen. In der Vorbereitung auf den G8-Gipfel, die eine Art Erlösung aus der Krise bringen soll, ist viel von "Protest" und "Gegenwind" die Rede. Kaum einer in der Szene beschäftigt sich jedoch ernsthaft mit der inhaltlichen Agenda des Gipfels, mit der Frage der Alternativen zur Politik der G8 oder mit Vorschlagen zu einer grundlegenden Reform der überkommenen Gipfelarchitektur. Großspurig und ohne Blick für die Realitäten wird von "Massenblockaden" gegen den Gipfel geredet. In der Abschlußerklärung der letzten Aktionskonferenz wird sogar die Blockade und Umzingelung des Rostocker Flughafens angekündigt, "um die ankommenden Regierungschefs zu begrüßen". Abstruser und abenteuerlicher geht's kaum noch. Und so wird es denn wohl statt der "Umzingelung" die weiträumige "Umzäunung" des Tagungsortes geben - und schon hat man einen neuen Grund zum "Protest".
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