Geistiges Eigentum contra oder pro Entwicklung?
Gastblog von Joseph E. Stiglitz, Dean Baker und Arjun Jayadev
Es
gab während der vergangenen zwei Jahrzehnte erheblichen Widerstand aus den
Entwicklungsländern gegen das derzeitige Regelwerk zum geistigen Eigentum. Dies
ist primär auf Versuche der reichen Länder zurückzuführen, der Welt ein
Einheitsmodell aufzuzwingen, indem sie den Rechtssetzungsprozess der
Welthandelsorganisation (WTO) beeinflussten und anderen über Handelsabkommen
ihren Willen aufzwangen.
Die
von den hochentwickelten Ländern bevorzugten Normen in Bezug auf geistiges
Eigentum sind in der Regel nicht darauf ausgelegt, Innovation und
wissenschaftlichen Fortschritt im größtmöglichen Maße zu fördern, sondern
sollen die Gewinne der großen Pharmakonzerne und anderer, die imstande sind,
die Handelsverhandlungen zu beeinflussen, maximieren. Es überrascht daher
nicht, dass große Entwicklungsländer mit starker industrieller Basis – wie
Südafrika, Indien und Brasilien – den Gegenangriff anführen.
Diese
Länder nehmen dabei vor allem die offensichtlichste Manifestierung der
Ungerechtigkeit des aktuellen Systems ins Visier: die Zugriffsmöglichkeit auf
lebenswichtige Medikamente. In Indien schuf 2005 eine Gesetzesnovelle einen
einzigartigen Mechanismus, um das Gleichgewicht wiederherzustellen, wieder für
Fairness bei den Patentierungsrichtlinien zu sorgen und so den Zugriff auf
Medikamente zu gewährleisten. Das Gesetz wurde in mehreren nationalen und
internationalen Gerichtsverfahren als WTO-konform eingestuft. In Brasilien
führten frühzeitige Maßnahmen der Regierung zur Behandlung von Menschen mit
HIV/AIDS mehrfach zu erfolgreichen Verhandlungen, durch die die Preise
beträchtlich gesenkt wurden.
Diese
Länder haben jedes Recht, Widerstand gegen ein System zu leisten, das weder
gerecht noch effizient ist. Wir haben in einem neuen Paper (s. Hinweis) die
Argumente zur Rolle des geistigen Eigentums im Prozess der Entwicklung
überprüft. Wir haben gezeigt, dass die theoretischen und empirischen Belege
überwiegend darauf hindeuten, dass die wirtschaftlichen Institutionen und Gesetze
zum Schutze von Wissen in den hochentwickelten Ländern zunehmend unzureichend
sind, um die globale Wirtschaftsaktivität zu regeln, und dass sie schlecht
geeignet sind, um die Bedürfnisse der Entwicklungsländer und Schwellenmärkte zu
erfüllen. Tatsächlich sind sie der Erfüllung grundlegender menschlicher
Bedürfnisse wie einer angemessenen Gesundheitsversorgung abträglich.
Das
zentrale Problem ist, dass Wissen ein (globales) öffentliches Gut ist, und zwar
sowohl in dem technischen Sinne, dass die Grenzkosten für jemanden, der es
verwendet, null sind, und in dem allgemeineren Sinne, dass eine Ausweitung des
Wissens das Wohl der Menschen weltweit steigert. Angesichts dieser Tatsache
besteht die Befürchtung, dass der Markt nicht genug Wissen zur Verfügung stellt
und dass keine ausreichenden Anreize zur Forschung gesetzt werden…
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen