21. Juni 2017

Civil20 in Hamburg: Nette Worte vor dem Gipfel

War es Phantasielosigkeit der Pressesprecher oder die bange Sorge, dass das aufwändige Treffen zivilgesellschaftlicher Organisationen am Ende wenig bewirkt haben könnte? Jedenfalls beschworen die Protagonisten vor und nach dem C20-Gipfel am 18./19. Juni wortgleich die gleiche Hoffnung: „Die Beteiligung der Zivilgesellschaft ist entscheidend für die Erarbeitung von Lösungsansätzen für globale Krisen und Herausforderungen. Die Bundesregierung hat diesen Dialog im Rahmen ihrer G20-Präsidentschaft angestoßen. Jetzt müssen die G20 beweisen, dass sie unsere Forderungen und Anliegen ernst nehmen und in Politik umsetzen“, erklärte die Geschäftsführerin des NGO-Dachverbands VENRO, Heike Spielmanns vorher. Und hernach folgte VENRO-Vorsitzender Bernd Bornhorst fast wortgleich: „Die G20 müssen jetzt beweisen, dass sie die Forderungen und Anliegen der Zivilgesellschaft wirklich ernst nehmen und in Politik umsetzen.“ Wieso eigentlich?


Dabei ist das in Hamburg verabschiedete Communiqué mit den umfangreichen Empfehlungen an den offiziellen G20-Gipfel weiterreichender als so manches Papierchen, das die NGOs im Vorfeld solcher Spitzentreffen fabriziert haben. Es geht um nicht mehr und nicht weniger als „einen Politikwechsel im Sinne einer gerechten Globalisierung für alle. Es geht darum, endlich aus einem wachstumszentrierten Wirtschaftsmodell auszusteigen, welches immer mehr Verlierer zurücklässt und unsere ökologischen Lebensgrundlagen zerstört“ (Bornhorst). „Zusammengefasst brauchen wir eine radikale Transformation des derzeitigen neoliberalen Systems“, postuliert das Communiqué, das am Ende der Veranstaltung der Bundeskanzlerin überreicht wurde. Ob diese und ihre G20-Kollegen derlei Forderungen jedoch ernst nehmen und einen Bruch mit überkommenen neoliberalen Konzepten vollziehen, gehört in den Bereich des Kinderglaubens.

Aussagekräftig in Bezug auf den Realitätsgehalt der G20-Agenda ist beispielsweise ein Reality-Check, den die Entwicklungs- und Nothilfeorganisation Oxfam nach dem Gespräch der NGOs mit der Kanzlerin vornahm. Darin werden Merkel schöne Worte konzediert, wenn sie die Bedeutung der Zivilgesellschaft betont oder dass die Globalisierung menschlich gestaltet werden muss und nicht zu mehr Ungleichheit führen darf oder dass gemeinsames Handeln nach dem US-Ausstieg aus dem Klimaabkommen wichtiger denn je ist. Die Realität steht jedoch auf einem anderen Blatt. So spiegelt sich das Problem der Ungleichheit in der G20-Agenda bislang kaum wider. Wichtiger als klimapolitische Lippenbekenntnisse ist, dass sich die Bundesregierung bislang um den Ausstieg aus der Kohlekraft herum drückt. Und in Bezug auf das große Thema Afrika, mit dem Berlin auf dem Gipfel punkten möchte, ist festzustellen, dass Initiativen wie der „Compact mit Afrika“, der „Marshallplan mit Afrika“ oder „Pro! Afrika“ über das Stadium des Nebulösen bislang nicht hinausgekommen sind – es sei denn man hält die Förderung eines günstigen Investitionsklimas für den „letzten Schrei“ einer Politik, die der Entwicklungszusammenarbeit schon immer eine „Geländerfunktion“ für die Wegbereitung privater Investitionen zugeschrieben hat.

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