31. Januar 2017

Schwache EU-Regeln gegen Nahrungsmittelspekulation

Der Vorschlag der EU-Kommission zur weiteren Eindämmung der Nahrungsmittelspekulation verfehle in der jetzigen Form seinen Zweck, kritisiert die Entwicklungsorganisation Oxfam. Unwirksame Grenzwerte ermöglichen mehr Spekulation und die Kontrolle von Rohstoffmärkten durch nur wenige Händler. Wenn es zu Preisexplosionen bei Nahrungsmitteln kommt, leiden die Ärmsten der Armen am meisten, weil Essen für sie unerschwinglich wird. Die maßlose Spekulation kann zu extremen Preisschwankungen beitragen und damit mitverantwortlich für Armut und Hunger sein.

Um diese Entwicklung zu stoppen, verabschiedete das Europaparlament 2014 die Finanzmarkt-Richtlinie. Kernpunkt sind sog. Positionslimits, Obergrenzen für den rein spekulativen Börsenhandel mit Agrarprodukten wie Weizen und Mais. Doch die von der Kommission vorgelegten technischen Standards (RTS21) versagen bei der Eindämmung der exzessiven Spekulation, weil sie zu hohe und damit unwirksame Grenzwerte erlauben. Die Positionslimits sollen eine Verzerrung des Marktes verhindern und die extremen Preisschwankungen bei Nahrungsmitteln reduzieren, die für Millionen Menschen in Entwicklungsländern zu einer Frage von Leben und Tod werden können. Das von der EU-Kommission vorgeschlagene Verfahren erlaubt nationalen Behörden jedoch, sehr hohe und damit unwirksame Grenzwerte zu setzen. Unter bestimmten Voraussetzungen sind Positionslimits in Höhe von bis zu 35% möglich. Das bedeutet, dass ein einziger Spekulant am Ende des Termingeschäfts 35% des auf dem Markt lieferbaren Weizens halten kann. Damit könnten nur drei Händler allein den Finanzmarkt eines Rohstoffs kontrollieren. Maßlose Spekulation ist dadurch vorprogrammiert. NGOs wie Oxfam hatten ein Positionslimit in Höhe von 10 bis 15% für Nahrungsmittel und Rohstoffe gefordert.


Die vorgeschlagenen Regeln beinhalten außerdem weitere Schlupflöcher: So sollten die Positionslimits ursprünglich für den Mutterkonzern einschließlich Tochtergesellschaften gelten. Im neuen Vorschlag können Konzerne diese Regelung umgehen, wenn sie nachweisen können, dass der Mutterkonzern keinerlei Einfluss auf die Anlageentscheidungen einer Tochtergesellschaft in Bezug auf die Positionen hat.

Mit der Finanzmarkt-Richtlinie (MiFID II) brachte die EU 2014 erstmals eine Regulierung ihrer Rohstoffmärkte auf den Weg, die die maßlose Spekulation mit Nahrungsmitteln eindämmen sollte. Oxfam begrüßte damals die Regulierung als wichtigen Fortschritt, warnte aber vor den Schlupflöchern, die die mächtige Finanzlobby ausnutzen könnte. Diese Sorge sieht Oxfam nun bestätigt. Oxfams Agrarexpertin Marita Wiggerthale sagt deshalb: „Die Europaabgeordneten müssen jetzt Flagge zeigen und sich dafür einsetzen, dass für diesen unzureichenden Kommissionsvorschlag keine Mehrheit zustande kommt. Stattdessen muss ein neuer Vorschlag entwickelt werden, der die vom Europaparlament gewünschte regulierende Wirkung der Positionslimits sicherstellt und damit der Nahrungsmittelspekulation einen wirksamen Riegel vorschiebt.“ Oxfam hat deshalb eine Petition initiiert, die >>> hier unterschrieben werden kann.

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