Davos: Optimistisch sind nur die Banker
Die Skepsis gegenüber Trump war in Davos nicht ganz so
ubiquitär, wie es den Anschein haben mag. Auf einem Panel formulierten
Spitzenbanker aus den USA und Europa ihre Zuversicht, dass das regulatorische
Pendel beginnt zurückzuschwingen. Nach all den Jahren in Sack und Asche seit
der Finanzkrise waren sie sicher, dass sich das Umfeld für Bankgeschäfte schon
bald aufhellen werde. Die Bankwelt wartet ungeduldig auf das Rollback, das der
neue US-Präsident an der Regulierungsfront versprochen hat. Vor allem der
Dodd-Frank Act, die Volcker Rule und Basel IV sind vielen ein Dorn im Auge. Einige
Beispiele:
* Brian T. Moynihan von der Bank of America Corporation hofft
fest auf die Erholung des Finanzsektors, wenn die Niedrigzinsphase einmal
vorüber sein wird und die Effizienzgewinne der digitalen Transformation in den
Banken greifen.
* Antonio Horta-Osório von der Lloyds Banking Group in
London sieht sogar angesichts des Brexits rosige Zeiten für den Finanzplatz
London angesichts der vielen „Talente“ und der speziellen Infrastruktur, die
man dort finde.
* Mary Callahan Erdoes von JPMorgan Chase aus den USA
beklagte sich bitter über den bürokratischen Aufwand, der für die Banken mit
den Dodd-Frank-Bestimmungen verbunden ist und hofft auf ein
wirtschaftsfreundlicheres Umfeld unter der Trump-Administration. Schließlich
seien im neuen Kabinett 50 % Leute mit „Wirtschaftserfahrung“ vertreten (im
Gegensatz zu 10% unter Obama) – ein Euphemismus für das neue Gruselkabinett.
So optimistisch die Banker, so zuversichtlich die Politiker
Asiens, die das chinesische Plädoyer für eine differenziertere Sicht der
ökonomischen Globalisierung in Davos gerne annahmen. Die Zukunft werde
multipolar sein, ohne dass eine einzige Supermacht die Führungsrolle
beanspruchen könnte, so der Konsens eines Panels, an dem Politiker aus
Malaysia, Singapur und China teilnahmen. China, Indien und die ASEAN-Staaten
werden eine Schlüsselrolle in der globalen Integration von Wirtschaft und
Handel spielen. Stichworte waren hier das Scheitern von TTP, die China bewusst
ausschloss, die neue, von China initiierte Regionale Umfassende Wirtschaftliche
Partnerschaft (RCEP) oder die Chinesische Seidenstraßeninitiative. Einig war
man sich jedenfalls, dass in der neuen Weltordnung die USA und Europa die Macht
stärker mit Asien teilen müssten. Wenn sich die USA nach innen zurückziehen,
und dies in einer Zeit derartiger Initiativen, dann werden sie sich selbst am
meisten schaden, warnte in Davos Nouriel Roubini von der New York University,
der als einer der wenigen Ökonomen die jüngste Finanzkrise vorausgesagt hat.
So optimistische die Banker angesichts der bevorstehenden
Deregulierungswelle, so pessimistisch die meisten anderen Wirtschaftsmagnaten
angesichts der unter Trump heraufziehenden protektionistischen Gefahren. Und so
fand hinter den Kulissen des Weltwirtschaftsforums diesmal keine Versammlung
der Handelsminister statt, die den baldigen Abschluss der Doha-Entwicklungsrunde
der WTO versprachen. Dafür gab es einen Aufruf an die G20, dafür zu sorgen,
dass das Wirtschaftswachstum künftig inklusiver verläuft und der
Protektionismus zurückgewiesen wird. Dies trifft sich mit der deutschen
Bundeskanzlerin Merkel, die schon vor dem WEF angekündigt hatte, sie werde
Handelsbarrieren zum Thema der deutschen G20-Präsidentschaft machen. Die Frage
ist nur, ob dies den Neuen im Weißen Haus irgendwie beeindrucken wird.
Merkel fuhr übrigens in diesem Jahr erneut nicht nach Davos.
Warum eigentlich nicht, wo Deutschland doch den nächsten G20-Gipfel ausrichten
wird? Ein aufgeschlosseneres Publikum für eine offene Welthandelsordnung als
dort hätte sie nicht finden können.
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